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Karl und Ferdinand, aus Spanien in Amt uud Wurden verbleiben sollten, erhob sich in
Niederösterreich eine besonders starke Opposition der Stände gegen jene. Man wählte hier
gleichwie in den anderen Erbländern einen Ausschuß, der aber mit der alten Regierung,
den „Regenten", bald in Streit gerieth. Derselbe verweigerte jeglichen Gehorsam, schuf
eine neue Landesordnung und ein neues „ständisches Regiment", das große Eigen-
mächtigkeiten beging und selbst landesfürstliche Rechte an sich riß, sogar Karl V. die
Hnldignng versagte uud gegeu alle Verfügungen protestirte.
Nachdem Karl V. am 29. April 1521 zu Worms die „fünf niederösterreichischen
Lande" seinem Bruder Ferdiuaud übertragen und dieser selbst auf dem vereinigten Landtage
zu Mbs, 5. Juui 1521, die Huldigung der österreichischen Stände empfange» hatte, ereilte
die ständische Opposition nnd ihren Anhang bald das Geschick. Ferdinand, der nach kurzer
Abwesenheit wieder nach Niederösterreich gekommen war, versammelte das Hofgericht in
Wiener-Neustadt, wohin die Regenten uud die Opposition vorgeladen wurden. Da der
Spruch gegeu diese lautete, wurden am 9. August 1522 auf dem Marktplatze i» Wiener-
Neustadt die Führer des Adels, Michael von Eytzing und Hans von Pnchheim,
am 10. nnd 11. August aber zehn Wiener Bürger mit dem Schwerte hingerichtet.
Der Verfall von Sitte und Zucht im geistlichen Stande und Mißbräuche iu der
Kirche selbst, welche die aufrichtigen Gläubigen mit Wehmuth und Besorgniß vor der
Zukunft erfüllten, hatten auch im niederösterreichischen Volke den Boden für Luthers
Lehre empfäuglich gemacht. Die Zahl ihrer Anhänger wuchs im Stilleu, so daß gegeu
die, welche das Abendmahl unter beiden Gestalten empfingen, strenge Verbote erslossen.
Am 12. März 1523 erschien ein Deeret, welches Luthers Schriften zu drucke», zu kaufen
uud zu lesen untersagte.
Deu Adel trieb meistens nur der Egoismus zur ueueu Lehre; lauge schon hatte er
mit Mißgunst auf die Kirchengüter geblickt und unter dem Deckmantel der Religion strebte
er jetzt uach Erweiterung der ständischen Freiheiten. Schon die Häupter jener ständischen
Opposition gegen Karl und Ferdinand bekannten sich zur ueueu Lehre. Christof Freiherr
von Lofeusteiu auf Schalaburg uud Weißenburg, der bereits 1524 sich mit der Idee trug,
eine protestantische Schule zu errichte», dann Christof Jörger auf Tollet, Mitglieder der
Familien Puchheim, Hager, Thouradl, Zelkiug und andere erscheinen in den nächsten
Jahrzehnten als die Führer der religiös-ständischen Bewegung.
Die reformatorischen Ideen, auf sociale Fragen angewendet, hatten trotz Androhung
der schwersten Strafen doch vielen Anklang gefunden und der bekannte Balthasar Hubmayer
zählte in Penzing, Melk uud Wiener-Neustadt zahlreiche Anhänger. Den Lehren von der
evangelischen Freiheit lauschten der durch Feudallasten schwer gedrückte Bauer, der Klein-
haudwerker uud der Taglöhuer uur zu gerne; hier nnd da hatten sie auch schon zum Aufruhr
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317