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Werfen wir noch einen Blick auf die Gesammtheit des Körperlichen, insbesondere
auf die Statur. Doch sollte hierbei mehr, als sich thun läßt, der Einfluß der klimatischen
und Bodenverhältnisse, Beschäftigung und Lebensweise beachtet werden; denn so wenig
diese Verhältnisse das mit der Race Zusammenhängende in der Kopfform zu alterireu
vermögen, so sehr tangiren sie den Lebensproceß und die Ausbildung und Erhaltung des
Knochen- und Muskelsystems. Das Wenige, was da wieder geboten werden kann, gründet
sich zu einem Theile auf ärztliche Notizen, zum anderen Theile auf die gelegentlich der
Assentirungen gewonnenen Ergebnisse.
Im Ganzen genommen läßt sich wohl der uiederösterreichische Menschenschlag als
ein gesunder und kräftiger bezeichnen, der sich, wie allenthalben, mit der Mehrzahl der
Individuen um ein mittleres Maß der Höhe des Körpers von 61 bis 64 Wiener Zoll,
ungefähr 160 bis 166 Centimeter, gruppirt, gelegentlich aber auch größere Gruppen von
Individuen mit einem ansehnlicheren Körpermaße begreift. Wien und das Viertel unter
dem Manhartsberge mit dem Marchfelde stellen die meisten Leute großen Schlages,
nämlich 226 unter 1.000, gegen 136 im Viertel ober und unter dem Wienerwalde und
nur 118 im Waldviertel. Von 1.000 untersuchten Stellungspflichtigen waren 1871 im
Wiener Bezirk mit Einschluß des Marchfeldes nur 64 Mann untermäßig, nämlich weniger
als 59 Zoll — 1 554 Meter hoch, dagegen in den beiden Vierteln ober und unter dem
Wienerwalde und im Waldviertel sogar 190 Mann.
Leider aber muß unter Einem conftatirt werden, daß die Lebensprosperität
nicht gleichen Schritt hält mit dem Höhenwachsthum, denn gerade in jenen Bezirken, wo
die meisten Leute hohen Schlages zur Stellung kommen, ist auch die Zahl der wegen
körperlicher Gebrechen zurückgestellten die allergrößte, und participiren bei diesen bedenk-
lichen Ziffern gerade Wien und seine Vororte am meisten.
Von besonderem Interesse sind die Ergebnisse über die an Schulkindern gepflogenen
Erhebungen über die Farbe der Haare, der Augen und der Haut. Wenn man ohne
Rücksicht auf die Zwischenformen blos einen blonden und braunen Typus einander
gegenüber stellt, so läßt sich sagen, daß von der Gesammtsumme der untersuchten
256.707 Schulkinder an 100.727 der blonde Typus nachgewiesen werden konnte; auch
ließ sich in der nördlichen Landeszone ein stärkeres Auftreten des blonden Typus nach-
weisen, nämlich mit 22 Procent gegen 19'4 Procent in der südlichen Zone. Privaten
Mittheilungen zufolge, kommen schwarze Haare im Waldviertel bei Eingebornen gar nicht
vor, was wieder ein unverkennbares Merkmal altdeutscher Abstammung ist.
In den nachfolgenden ethnographischen Schilderungen soll das niederösterreichische
Volk in seinen Sitten nnd Bräuchen, in seinem Denken und Handeln vorgeführt und
damit zugleich sein Charakter in den einzelnen Zügen genauer gezeichnet werden.
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317