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dieser Brauch einst in einem eigentlichen Flurumritte, wie er uus anderwärts begegnet.)
Ein sehr sinnvoller Osterbrauch, eine Art Feldweihe, hat sich bis heute im Wechselgebiete
erhalten. Am Ostersonntag nämlich nach dem Festmahle oder schon am Charsamstag
nach der Feuer- und Wasserweihe geht der Bauer mit den Seinen „in d'Groan" (ins
Grüne), das heißt hinaus auf die bebauten Felder. Sämmtliche Hansmitglieder, auch die
Kinder, nehmen je ein Gesäß mit Weihwasser in die eine Hand, einen geweihten Palm-
oder Sebenbaumzweig in die audere und so schreiten sie in einer Reihe nebeneinander
langsam unter stillem Gebete und Weih-
wasser sprengend über das Feld. Dabei
stecken sie an einzelnen Stellen die ge-
weihten Zweige in den Ackergrnnd, und
so ist derselbe für dieses Jahr gesegnet.
(Haßbach.) Zn Kranichberg (ebenfalls im
Wechselgebiete) übt mau diesen schönen
Brauch in noch feierlicherer Weise. Da
geht der Bauer am Ostertag oder weißen
Sonntag nach dem Mittagessen in Beglei-
tung der größeren Söhne „in d'Groan",
führt sie an die Raine und Grenzsteine,
besprengt dieselben mit Weihwasser und
knüpft an diese Ceremonie eine kurze aber
kräftige Ermahnung, da aller Besitz als
vom lieben Herrgott stammend zu be-
trachten und also auch fremdes Eigenthum
heilig zu halten sei, soll Friede und Ein-
tracht nnter de« Menschen wohnen. Hier-
Das Troadbeten.
ans steckt er die geweihten Zweige „ins
Ban" (auf das bebaute Feld) und vergräbt die zu Hause sorgfältig gesammelten Knochen
vom Weihfleisch an verschiedenen Stellen im Acker, denn: „Die g'weiht'n Bonn' —
Begrabt ma' inner'm Roan."
Die Knechte schießen inzwischen aus Böller» und Pistolen, der Hausvater aber steht
inmitten seiner Söhne mit gefalteten Händen und bittet Gott,
„Daß er's Troad laßt wachsn Daß er brav laßt regna
Und an lang'n Flachsn, lind aa 's Vieh thnat segna
Daß die Wölf' nit keinnian unter d'Herd', Und den Frieden uns beschert".
In der Umgebung des Schneeberges nennt man diese Art Feldcnlt das „Troadbeten".
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317