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Schirm an beiden Hauben über das Antlitz vor. Den weiteren Feststaat bildeten ein bunt-
seidenes Halstuch, eine sechs- bis siebenfach um den Hals gewundene Schnur mit den
sogenannten „Kropfperlen" (echten kleinen Perlen), ein brauner oder grüner schillernder
Seideuspenzer mit oben sehr bauschigen, nach uuteu sich verengenden „Schinken-Ärmeln",
schwarze Schürze und Rock, ebenfalls von Seide oder einem anderen werthvollen „schweren"
Stoffe. Die Fußbekleidung bestand aus weißeu Strümpseu und ausgeschnittenen Schnhen.
Die ganze Tracht machte den Eindruck des Farbigen, Bauschigen.
Den Bauer im Ötschergebiete und in dem daranstoßenden Flachlande charakterisirte
bis in die Fünfziger-Jahre die dem Gebirgler überhaupt eigene Vorliebe für die grüne
Farbe, welche in dem grünen Haftelrocke mit den nngetheilten Schößen ihren ganz
besonderen Ausdruck saud. Zu diesem Costüm gehörte die eng anliegende Kniehose mit
dem Eßbestecke neben dem „Hosensacke", der rothe Brustfleck mit den grünen Hosenträgern
darüber und der niedere runde Hut mit sehr breiten Krempen oder der wegen seines großen
Kalibers so genannte „Siebenvierteltagwerkhnt"*, welcher von nuten bis zur halben Höhe
erst eiu weuig sich vereugte, danu aber breit auseinanderging und mit einer Schnalle
oder auch wie der niedere Hut mit Goldquasteu und Klunkern verziert war. Die Fuß-
bekleidung bestand aus weißen oder blanen Strümpfen und „pechdrahtenen" Schuheu. Der
um die Mitte getragene, mit Pfauenfedern ausgenähte Ledergürtel war in der Regel
schmäler als die bekannte „Katze" der Händler und Fuhrleute („Schwersührer").
Die Tracht des Bauern im V. O. nnd ll. M. B. war weniger malerisch. Er trug
einen langen dunkeln Rock oder eine Jacke von ähnlichem Stoffe, darunter eine mit eng
aneinander gereihten kugelförmige» Metallkuöpfen besetzte Weste, Kniehose, weiße oder
blaue Strümpfe nnd Schnallenschuhe, als Kopfbedeckung einen rauhen schwarzen Filzhut.
Hierin ist überhaupt der Typus der gewöhnlichen, nicht malerischen Bauerntracht zu sehen,
wie sie besonders auch im Flachlande des V. O. W. W. üblich war.
Im ganzen Gebiete des Wienerwaldes gehörte noch der rothe „Brustfleck" mit den
grünen oder auch weißen Hosenträgern zum Feststaate, in der Gegend von Pnchberg am
Schueeberge der hohe, kegelförmige Hut und der aufgerichtete und ausgekerbte „rupfeue"
Hemdkrageu. Als Fußbekleidung trug der Bauer hier Aufzugstiefel, welche aber auch an
anderen Orten begegneten nnd noch begegnen. — In der weiblichen Banerntracht der
verschiedenen Gebiete wiederholt sich der oben vorgeführte Typus des Bauschigen nnd
Schillernden. Die Goldhaube begegnet nns im V. O. W. W. in der spornartig aus-
geschweiften Linzerhanbe, am uud im Wienerwalde trug man die große „Bindl"- oder
„Knödlhaube" aus schwarzem Sammt mit Silberzierat und Gold- oder Silberborden, im
* Tagwerk bedeutet ein Stück Ackerland, welches mittelst eines Gespannes an einem Tage umgearbeitet werden kann.
(Beiläufig ein Joch.) Im V. U. M. B. nannte man diese Hutsorm in ähnlicher Weise scherzhaft „Torsviertel".
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317