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Niederösterreich nur ein Bauwerk nämlich das dreischissige Langhaus der jetzt aufgelasseueu
Minoritenkirche in Stein (1264 geweiht).
In die Periode der Frühgothik gehört zunächst die zierliche Kathariuenkapelle an
der Psarr- ehemals Klosterkirche zu Imbach. Sie darf zu den schönsten Schöpfungen
des jungen gothischen Stiles in unserem Lande gerechnet werden. Reinheit und Strenge
der Formen, Reichthum der Gliederungen nnd doch Vielseitigkeit der Gestaltungen sichern
diesem Denkmale für immer die ihm gebührende hervorragende Stellung. Der Zeit nach
reiht sich hieran der als Baudenkmal nnd durch reiche Ornamentik hochwichtige Kreuz-
gang des S t i f t e s Klosternenbnrg, entstanden zwischen 1279 und 1292, ein Werk,
daran die romanische Stilperiode immer noch in einzelnen decorativen Erscheinungen
nachklingt. Als frühgothische Bauten sind ferner zu bezeichnen die herrliche Kapelle zu
Kammern, jetzt Ruine, und die Pfarrkirche zu Pirha.
Ein hervorragender Bau reiner Gothik aus der ersten Hälfte des XIV. Jahrhunderts
ist die Kirche des vom Herzog Albrecht II. gestifteten Karthänserklosters in Gailling
(1332 bis 1342), ein einschiffiger Bau, über dem Presbyterium ein Steinthürmchen mit
durchbrochenem Helme, das heute zu den schönsten Denkmalen dieser Art überhaupt
gerechnet werden muß.
Im Lause des eben genannten Jahrhunderts entstanden einige größere Kirchenbauten,
und zwar der Mehrzahl nach in der mit einer gewissen Vorliebe angewendeten hallen-
sörmigeu Anlage des Langhauses. Führend war in dieser Beziehung und ebenso in der
Decoration durch lauge Zeit der Bau der Stefanskirche in Wien, von deren Bauhütte aus
unzweifelhaft ein auch iu den bezüglichen Bauten leicht erkennbarer mächtiger Einfluß
ausgeübt wurde. So zeigt das erwähnte Thürmchen an der Gaminger Kirche ganz deutlich
den Einfluß der Wiener Bauhütte. Deßgleichen der Chor der Kirche zu Deutsch-
Altenburg. Andere Kircheubauten sind der Chor der Stiftskirchen zu Seitenstetten und
Ardagger, die Kirche zu Weitra, die Minoritenkirche — jetzt Kapuzinerkirche in Wiener-
Neustadt, die Karthäuserkirche iu Aggsbach.
Ganz außerhalb des Einflusses der Wiener Bauhütte steht der in den edelsten
Formen der Gothik durchgeführte Bau der St i f tskirche zu Zwett l . Es ist der
französische Kathedralstil, der hier znm Ausdruck kommt, und für unsere Lande nur noch
in der Cistercieuserkirche zu Baumgartenberg einen schwachen Nachklang, dagegen aber
in den Kirchen zu Prag, Koliu und Kuttenberg hochwichtige Stilgenossen findet. Der
Chor der Stiftskirche, für welche ein Magister Johannes als Meister genannt wird,
entstand zwischen 1343 und 1348 und besteht aus dem dreiseitig geschlossenen Presby-
terinm, einem ebenso hoch angelegten Umgang und einem angefügten Kranze von
dreizehn niedrigen Kapellen, deren Wände mit Spitzbogenfenstern sammt reichem Maß-
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317