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Verkehrsweg. Kelten und Römer haben ihn nur auf Saumpfaden überschritten und der
römische Straßenzug führte in einem großen Bogen um die Ausläufer der uorischeu
Alpen herum über Carnnntnm nach Wien. Erst im Mittelalter, als Steiermark in die
Handelsbewegung eintritt, erössneu sich weiter westlich directe Verkehrswege über das
Gebirge, zuerst in der Richtung über den „Wechsel" und dann über den „Semering";
der erstere wurde noch von Rndolf von Habsburg im Jahre 1280 benützt und der zweite
tritt feit deu Kreuzzügen, welche in „Spital" historische Spuren zurückgelassen haben,
mehr in den Vordergrund. Selbst bis zu Beginn des vorigen Jahrhunderts bestand
nicht einmal eine fahrbare Straße über den Semering und von einem eigentlichen
Waarenverkehr zwischen Niederösterreich und Steiermark bis „an die Ufer der Adria"
kann füglich erst seit 1841 die Rede sein, in welchem Jahre der Bau einer regelrechten
Kunststraße mit Serpentinen uud mäßigen Steigungen vollendet wurde. Die Eröffnung
dieser Handelsstraße füllt demnach in eine sehr späte Zeit, gerade noch zurecht, um eiu
Jahr daraus den anschließenden Eisenbahnen in Gloggnitz und Mürzzuschlag als Binde-
glied zu dienen.
Die Entwicklung des Eisenbahnwesens war zu Begiuu dem Privatunternehmuugs-
geiste anheimgegeben. Aber bald machten sich andere Gesichtspunkte geltend und einsichts-
volle Staatsmänner erwirkten die denkwürdige kaiserliche Resolution vom 19. December
1841, durch welche die Eisenbahnen zn Hauptcommnnicationswegen erhoben und in den
cardinalen Richtungen des großen Reiches als Staatsbahnen erklärt wurden. Diesem
Entschlüsse verdankt zunächst die Semeringbahn als ein Glied der „südlichen Staatsbahn"
ihre Entstehung. Zwar tanchte anfangs die Idee auf, die Bahn durch Ungarn nach
Steiermark zu führen. Diese Linie wurde wegeu des großen Umweges uud aus national -
politischen Rücksichten fallen gelassen und wurde der südlichen Staatseisenbahn sonach die
Richtung über die Ausläufer der uorischeu Alpeu in die Thäler der Mürz und Mnr nach
Graz und durch die Thäler der Sau und Save weiter über die julischeu Alpen angewiesen.
Aus diesen allgemeinen Grundlinien giug die technische Aufgabe hervor, Glogguitz,
als Endpunkt der Wien-Gloggnitzer Bahn, mit Mürzzuschlag, als Aufaugspuukt der
südlichen Staatsbahn in Steiermark, dnrch eine Eisenbahn über das Gebirge zu verbinden.
Diese Aufgabe war der Ausgangspunkt einer Bewegung, welche lange Zeit die technische
Welt in Spannung erhielt und durch ihren glücklichen Abschluß dem österreichischen
Jngenienrwesen einen Ehrenplatz in der Geschichte der Eisenbahueu gesichert hat.
Als der Bau der südlichen Staatsbahn beschlossen wnrde, waren keine Muster für
Gebirgsbahnen vorhanden und das ganze Eisenbahnsystem der damaligen Zeit, in dem
englischen Flachlande entstanden uud ausgebildet, war auf ebeue Bahueu mit ganz geringen
Steigungen und großen, langgestreckten Enrven gestellt. Auch die Locomotiven waren diesen
Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich, Band 4
- Titel
- Die österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild
- Untertitel
- Wien und Niederösterreich, 2. Abteilung: Niederösterreich
- Band
- 4
- Herausgeber
- Erzherzog Rudolf
- Verlag
- k.k. Hof- und Staatsdruckerei, Alfred von Hölder
- Ort
- Wien
- Datum
- 1888
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 17.75 x 26.17 cm
- Seiten
- 380
- Schlagwörter
- Enzyklopädie, Kronländer, Österreich-Ungarn
- Kategorien
- Kronprinzenwerk deutsch
Inhaltsverzeichnis
- Landschaftliche Schilderungen aus Niederösterreich 3
- Zur Vorgeschichte Niederösterreichs 123
- Zur Geschichte Niederösterreichs 145
- Zur Volkskunde Niederösterreichs 183
- Die Architektur in Niederösterreich 263
- Burgen und Wohnstätten in Niederösterreich 287
- Malerei und Plastik in Niederösterreich 305
- Volkswirtschaftliches Leben in Niederösterreich 317