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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
Deutsche Listen 1933–1945
Im Gegensatz zur Kontrolle der damaligen Buchproduktion (RSK-Aufnahmeverfahren für alle
an der Buchproduktion und -distribution Beteiligten, Kontrolle der Neuerscheinungen deutscher
AutorInnen) stieß die Exekution des indizierten Schrifttums auf erhebliche Probleme. Das Reichs-
erziehungsministerium übernahm zwar die „Säuberung“ der Volksbüchereien, die generell in seine
Zuständigkeit fielen,53 die wissenschaftlichen Bibliotheken behielten die Schriften im „Giftschrank“,
lediglich die Einsichtnahme unterlag einer Überprüfung. Noch im Juli 1941 existierte nicht einmal
ein vollständiges Verzeichnis „nicht-arischer“ Schriftsteller, da die RSK diese „Herkules-Arbeit“ nicht
erledigen konnte.54 Nach dem Kriegseintritt der Vereinigten Staaten gab das RMVP 1942 ein Ver-
zeichnis englischer und nordamerikanischer Schriftsteller heraus, das der Herausnahme der übersetzten
Autoren der „Feindländer“ aus Volks-, Werks- und Leihbüchereien dienen sollte. In ihm wurden die
als Juden betrachteten Schriftsteller eigens gekennzeichnet. Der Exekution stellten sich unterschied-
liche Schwierigkeiten entgegen, je nachdem es sich um öffentliche Büchereien oder den Buchhandel
handelte, auf dessen wirtschaftliche Anliegen Rücksicht genommen werden musste.
Ergänzend zu den Listen wurden Einzelverbote ausgesprochen mit dem Hinweis auf die spätere
Einreihung in die LSUS, ohne dass dies zwingend in den gedruckten Verzeichnissen aufscheint
(im Handbuch wird gesondert bei den einzelnen Listen darauf verwiesen). Analog geschah es mit
Büchern, die nicht mehr im Handel waren, ganze Verlagsbestände wurden konfisziert (z. B. Baum-
Verlag in Pfullingen im Zuge einer reichsweiten Aktion gegen Geheimlehren und sogenannte Geheim-
wissenschaften, der „Aktion Heß“, nach dem England-Flug von Rudolf Hess vom 10.5.), hinzu
kommt das oben erwähnte am 15.4.1941 ausgesprochene Generalverbot aller „Werke voll- oder
halbjüdischer Verfasser“. Die Listen sind also keineswegs als vollständige Verzeichnisse der konfis-
zierten Verlage und jener Schriften zu betrachten, die im „Dritten Reich“ beschlagnahmt worden
sind oder deren Vertrieb verboten war.55 Die RSK musste ihre Entscheidungen nicht begründen und
rechtfertigen, als „Rechtsmittel gegen eine Einreihung in die Verbotsliste war nicht einmal der Weg
einer Dienstaufsichtsbeschwerde vorgesehen“.56
Von 1938–1941 wurden in den LSUS jene Werke durch ein + gekennzeichnet, die vom Reichs-
führer SS mit einem zusätzlichen allgemeinen Verbot belegt wurden SS-Liste38–41. H. Himmler
musste sich dabei auf jene alte Verordnung des Reichspräsidenten zum Schutze von Volk und Staat
vom 28.2.1933 berufen, die als Basis für die ersten Beschlagnahmungen gedient hatte und auf die
er sich weiterhin
– ohne sich rechtfertigen zu müssen
– stützen musste, da Goebbels durch die oben
erwähnte Anordnung vom 24.4.1935 die Zensurmacht in seine Hand bekommen hatte. Offensicht-
lich fügte sich Himmler formal diesem von Hitler abgesegneten Vorgang, wollte aber mit diesem
Kompromiss seinen alten Zensuranspruch sichtbar erscheinen lassen.
53 Barbian93, 238
f.
54 Aigner71, 1002-05; siehe auch Dahm93, 177
f.
55 Aigner71, 985
– Bücherverbrennung83, 260.
56 Aigner71, 984.
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271