Seite - 143 - in Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945 - Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
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© 2021 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Zeltgasse 1/6 a, A-1080 Wien
https://doi.org/10.7767/9783205212355 | CC BY 4.0
Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z
Rolland, George Bernhard Shaw, Miguel de Unamuno, Franz Werfel, Carl Zuckmayer und den ins
„Dritte Reich“ Integrierten u. a. Gerhart Hauptmann, Hanns Johst. Noch Ende Feb. 1938 brachte
das Ensemble „Die große Leidenschaft“ des am 21.3.1938 verhafteten und letzten Präsidenten des
Österreichischen P.E.N. - Klubs Raoul Auernheimer auf die Bühne. Deutschnationale Autoren waren
zwar vertreten, bildeten aber eine Minderheit im Programm. Der Verein verfügte ab 1934 über ein
eigenes Heim (Wien 12, Schönbrunner Straße 187, ab 1936 Wien 5, Margaretenstraße 114), war
weniger Schriftstellerverein als Veranstalter von literarischen und musikalischen Eigenproduktionen.
Während des NS betitelte er jene Lesungen, in denen auch Nicht-Mitglieder der RSK auftraten
(→die hochoffizielle Ebner-Eschenbach-Gesellschaft), mit unverdächtigen Sammelbezeichnungen wie
„Aus eigenen Schriften“ (8.4.1938, 19.3.1939, 6.1., 13.2. und 12.3.1940), „Jungdichter“ (8.12.1938,
6.7.1939) oder „Eingerückte Autoren“ (24.4.1941). Er präsentierte noch während des NS in Öster-
reich den Ende 1933 über Wien nach Argentinien geflüchteten Antifaschisten Paul Zech.
Obwohl der Stiko bereits am 6.2.1939 den Antrag auf Auflösung des Vereins gestellt hatte, das
Vermögen von RM 193,60 gänzlich an den Aufbaufonds überwiesen und er am 21.4.1939 vom
Wiener Magistrat behördlich aufgelöst worden war, kämpfte er als einziger literarischer Verein Öster-
reichs um sein Überleben und konnte über die auffallend späte endgültige Untersagung (Nov.1941,
WStLA) hinaus bis 1943
– ohne finanzielle Subvention, offenbar geschützt durch die frühe NSDAP-
Mitgliedschaft seines Leiters und „alten Kämpfers“ Heinrich Wittmann, durch Max Stebich und die
RSK-Wien
– eine beachtliche Tätigkeit entfalten: 1938 19 Veranstaltungen, 1939 waren es 21, 1940
(35), 1941 (17), 1942 (2), 1943 (1).
Nach Beendigung der Tätigkeit des Stiko (30.11.1939) wurde Max Stebich aktiv. Mit der Frage
der Weiterführung (trotz Auflösungsbescheid des Stikos und des Magistrats) konfrontiert, charak-
terisierte er vermutlich Ende November den Verein als „Zusammenschluß einer kleinen Anzahl
noch völlig unbekannter und junger Autoren“, der den „Eindruck einer Vereinsmeierei“ mache
(BDC Wittmann). Die einzige Überlebenschance bestand darin, ihn zu einem Vortragsveranstal-
ter zu erklären und in das Reichswerk „Buch und Volk“ zu integrieren. Bevor ein Antrag auf Auf-
nahme des Kreises gestellt werde, wolle er sich noch durch die Teilnahme an Veranstaltungen ein
konkretes Bild machen. Er eröffnete am 16.1.1940 die Lesung „Aus eigenen Schriften“ des sich
nunmehr bereits als Teil von Reichswerk „Buch und Volk“ deklarierenden Vereins. Bald danach wur-
den fast sämtliche männliche Mitglieder – einschließlich seines Leiters – zum Militär eingezogen:
„Bei den großen Gesellschaften lagen die Dinge wesentlich anders!“ (Brief von Gustav Matschke an
die Mitglieder v. 15.4.1942). Als Folge einer Sitzung aller für das Reichswerk vorgesehenen Wie-
ner Vereine (5.10.1940) beim Ll. der RSK-Wien wurden neue „Muster“-Satzungen am 27.3.1941
von der Mitgliederversammlung beschlossen aber erst nach der negativen Stellungnahme des in der
NSDAP-Gauleitung Wien für Vereinswesen zuständigen Dr. Jork (15.7.1941, WStLA) und dem
Untersagungsbescheid der Reichsstatthalterei (13.11.1941, WStLA) am 5.1.1942 an das „Reichs-
werk“ gesandt (BDC Pschorn). Anfang 1942 resignierte der Verein vorübergehend und empfahl im
Einvernehmen mit Stebich den Mitgliedern, der neugegründeten Wiener Hamerling-Gesellschaft bei-
zutreten und dort eine eigene Sektion junger Autoren zu bilden. Offenbar gab sich Wittmann aber
noch immer nicht geschlagen: Am 14.6.1943 intervenierte Stebich
– ab Mai 1943 Geschäftsführer
des Wiener Reichswerks – bei der RSK-Berlin und erbat erneut die Zulassung mit dem kritischen
Zusatz, dass die in Wien bestehenden Vereinigungen in den seltensten Fällen das Anliegen hätten,
dass auch „ganz junge, noch völlig unbekannte, aber begabte Schriftsteller in ihren Veranstaltungen
vor die Öffentlichkeit treten können. […] Durch die Genehmigung dieser Gesellschaft könnte dem
Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
Band 5 der Reihe Literatur in Österreich 1938–1945
- Titel
- Literarisches System in Österreich 1933/1938–1945
- Untertitel
- Zensur und Förderung – Literarische Vereine – Anthologien
- Autor
- Uwe Baur
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-21235-5
- Abmessungen
- 17.3 x 24.4 cm
- Seiten
- 478
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Das Gesamtwerk 9
- Vorbemerkung zu diesem Band 13
- 1. Zensur und Förderung 15
- Einleitung 15
- Österreichische Listen 1933–1938 17
- Einleitung 17
- Der Bücherbrief (1932) 24
- Die Wegtafel (Mai 1933) 25
- Die deutsche Dichtung Österreichs (9.6.1933) 25
- Die Säuberung des deutschen Buchwesens vom jüdischen Geiste im Deutschen Reiche und wir Österreicher (Juni 1933) 26
- Dichterbuch (1933) 27
- Indizierungslisten Österreichs 1933–1938 28
- Liste der zu fördernden bzw. der abzulehnenden Schriftsteller (1935) 30
- Gegenwartsdichtung in Österreich (1935) 32
- Geist und Macht (1938) 33
- Österreich. Ein Bücherverzeichnis (1938) 34
- Deutsche Listen 1933–1945 35
- a. Verbotslisten 35
- b. Zentrale Empfehlungslisten 50
- Schriftsteller-Verzeichnis der Reichsschrifttumskammer (1942) 50
- Nationalsozialistische Bibliographie der Parteiamtlichen Prüfungskommission (1936–1943) 54
- Jahres-Gutachten-Anzeiger des Amtes Rosenberg (1936–1944) 56
- Kataloge zur „Woche des deutschen Buches“ des RMVP (1936–1942) 62
- Gottbegnadeten-Liste 65
- c. Spartenbezogene Empfehlungslisten 68
- 1. Jugendschriften-Verzeichnisse 68
- Einleitung 68
- Das Jugendbuch im Dritten Reich (1933) 69
- Das Buch der Jugend (1934–1942) 70
- Das Buch der deutschen Jugend (1939/40) –
- Das deutsche Jugendbuch (1940/41) 74
- 2. Vorschlagslisten für Dichterlesungen 76
- 3. Empfehlungslisten für Leihbüchereien und Buchhandlungen 79
- 4. Sonstige 84
- Das deutsche Bauernschrifttum in der deutschen Dichtung (Amt Rosenberg 1933) 84
- Einladungsliste für kulturelle Veranstaltungen und Empfänge (RPA Wien, Juni 1940) 85
- Geburtstagsbücher für den Führer (Amt Rosenberg 1943) 85
- Entnazifizierung 87
- Österreich 87
- Liste der gesperrten Autoren und Bücher (1946)/Nachträge 87
- Deutschland 90
- Liste der auszusondernden Literatur/Nachträge (1946–1953) 90
- 2. Vereine im literarischen Feld Österreichs 1933–1945 95
- Einleitung 95
- Literarische Gruppenbildungen nach dem liberalen Vereinsgesetz bis 1938 96
- Literarische Vereine im totalitären „Ständestaat“ 99
- Landeskulturamt der NSDAP-Landesleitung Österreich (1933–11.7.1938) 100
- Vereine im Nationalsozialismus ab März 1938 105
- Chronologie der literarischen Gesellschaften und Autorengruppen in Österreich zwischen 1933 und 1945 113
- Literarische Gesellschaften und Autorengruppen A–Z 119
- 3. Anthologien 1933–1945 271