Seite - 67 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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Unterhaltung in der Pandemie
«Ich sitze zu Hause und langweile mich», singen Bela B, Farin Urlaub und
Rodrigo González von der Berliner Band Die Ärzte nacheinander in ihrem
Song Ein Lied für Jetzt. Wie die drei haben in den Monaten der Ausgangs-
beschränkung im Frühling 2020 auch viele andere Leute zuhause Däum-
chen gedreht, Löcher in die Lu# gestarrt und sich gefragt, wohin das alles
führen soll. Was in einer solchen Situation hil#? Unter anderem Ablen-
kung und eine Erklärung, was in der Welt passiert.
Beides, sowohl das Unterhalten als auch das Erläutern der jeweils aktu-
ellen Situation, wird nicht nur durch Nachrichten, Zeitungen oder Doku-
mentarfotografien geleistet, sondern auch von dem, was wir im Folgenden
die digitale Popkultur nennen wollen: Im Internet weit verbreitete Medi-
en, die o# als leger, seicht oder lustig betrachtet werden. Wir haben für
den folgenden Teil zwei besonders aktuelle Medien der Popkultur ausge-
sucht, nämlich Internet-Memes und Corona-Songs. Beide thematisieren
Religion, wenn auch je auf eine ganz eigene Art und Weise. Sowohl Me-
mes als auch über YouTube verbreitete Lieder dienen der Unterhaltung:
Man lacht bei einem gelungenen Meme und schickt es weiter. Oder man
summt den neuen Corona-Ohrwurm pausenlos vor sich hin. Internet-Me-
mes und Songs dienen aber nicht nur dem Entertainment in einer beson-
ders langweiligen Zeit, sondern sie erklären auch, was in der Welt passiert
und vermitteln klare Werte. Dies geschieht wiederum auf eine je spezifi-
sche Weise und mit je eigenen Logiken. Memes und Lieder legen, manch-
mal witzig, manchmal mahnend oder polemisch, ihren Fokus auf be-
stimmte Aspekte der Krise und können so dazu beitragen, mit dieser Situa-
tion umzugehen. Insofern ist Popkultur nur auf den ersten Blick seicht. Sie
ist zwar Unterhaltung, aber eben eine, die klare Werte vermittelt und so
bei der Krisenbewältigung helfen kann.
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Titel
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Paradoxien einer Krise
- Autor
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Herausgeber
- Anna-Katharina Höpflinger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 134
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133