Seite - 69 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment
Anna-Katharina Höpflinger
Kaum hatte ich das erste Mal von «Corona» gehört, wurde mir auch schon
via soziale Medien ein lustiger Song zu diesem Thema zugeschickt: Viva
Corona des Schweizers Roland Häny. Ein Ohrwurm, den die Kinder und
ich in der Küche im Chor mitsangen. Doch auch bekanntere deutschspra-
chige Künstler:innen wie Die Ärzte, Silbermond oder Frei.Wild widmeten
bald ihr musikalisches Scha!en diesem aktuellen Thema: Ein auf Corona
bezogenes Lied nach dem anderen tauchte ab März 2020 auf YouTube auf.
Diese Songs wurden zum Teil millionenfach angeklickt, geteilt, kommen-
tiert und weitergeleitet.
Doch wieso hatten diese Lieder einen solchen Erfolg? Ging es dabei um
Entertainment in den langweiligen Stunden der Ausgangsbeschränkung?
Oder nahmen diese Songs eine andere Funktion ein? Und was haben sie
mit Religion zu tun? Anhand ausgewählter Lieder aus dem deutschsprachi-
gen Raum, die mindestens 300’000 Aufrufe auf YouTube haben, möchte
ich diesen Fragen nachgehen.
Der Glaube an das Gute
Ein besonders populärer Corona-Song ist Zusammenstehen von Sebel. Die-
ses Musikstück hat bei Fans und Musiker:innen ein enormes Echo hervor-
gerufen. Auch im deutschen Fernsehsender ZDF wurde darüber berichtet.
Die Reaktionen auf diese Komposition sind beinahe durchwegs sehr posi-
tiv. Fans sprechen in den Kommentaren auf YouTube von «Ho!nung», die
der Song ihnen gibt, oder bekunden «das Lied macht Mut». Der Song be-
rührt sie: «der Text geht unter die Haut» und gibt «Kra# weiterzumachen».
Sebels Lied löst also bei verschiedenen Menschen starke Emotionen aus.
Sebel ist das Pseudonym des aus Recklinghausen (D) stammenden
Künstlers Sebastian Nieho!. Am 16. März 2020 verö!entlichte er das Lied
auf Facebook und auf seinem YouTube-Kanal: Er singt und begleitet sich
am Klavier, während Inga Strothmüller die zweite Stimme übernimmt.
Zusammenstehen ging viral und wurde innerhalb weniger Tage zum
deutschsprachigen Corona-Hit. In diesem ruhig gehaltenen Lied ru# Sebel
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Titel
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Paradoxien einer Krise
- Autor
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Herausgeber
- Anna-Katharina Höpflinger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 134
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133