Seite - 101 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten
und Fake News
Gerade in Zeiten der Krise streben Menschen nach Kohärenz, nach einer
sinnha#en Erklärung der Welt. Aus dem alltäglichen Trott gerissen, befin-
den wir uns plötzlich in einer gänzlich unerwarteten Situation und müs-
sen uns neu orientieren, auf bisher Unbekanntes reagieren und neue Infor-
mationen in unser Verständnis der Realität integrieren. Um in diesen
fremden Fahrwassern den Weg zu finden, stehen verschiedene Karten zur
Verfügung, die versprechen, uns die Route in ruhigere Gewässer zu wei-
sen. Doch die Karte entspricht nicht eins zu eins dem Gebiet, sie kann im-
mer nur eine Annäherung, nur eine Perspektive unter vielen sein.
Auch in der Pandemie gibt es eine Vielzahl von Standpunkten und
Blickwinkeln. Natur-, Sozial- und Geisteswissenscha#en, wirtscha#liche,
politische und ethische Betrachtungsweisen, Meinungen und Lehren von
verschiedenen Institutionen, Spekulationen und Theorien aus dem Inter-
net tragen alle dazu bei, die Lage zu deuten, in der wir uns befinden. Da-
bei werden wir mit sehr unterschiedlichen und teilweise widersprüchli-
chen Schlussfolgerungen konfrontiert, obwohl ein und dasselbe Ereignis
im Fokus der Betrachtung steht; obwohl es immer um die Klärung der Fra-
ge geht, wie wir mit der Bedrohung durch Covid-19 am besten umgehen
sollten.
Aus diesem Sammelsurium von Daten, Fakten und Interpretationen set-
zen wir uns nun unsere Sicht auf die aktuellen Geschehnisse, unser Bild
der Welt zusammen. Dass es dabei zu radikal unterschiedlichen Ergebnis-
sen kommen kann, ist bei der Fülle an Informationen und der Komplexi-
tät der Ereignisse nicht verwunderlich. Zusätzlich sind wir alle von unse-
ren soziokulturellen Prägungen beeinflusst, von unserem Vorwissen, von
politischen Einstellungen und Ideologien, die zunehmend von Medien
mitgestaltet werden.
In den nächsten beiden Beiträgen werden zwei Versuche der Welterklä-
rung in Zeiten der Pandemie genauer betrachtet. Im ersten wird ein De-
battenbeitrag untersucht, der die neoliberale Sicht auf die Maßnahmen
zum Schutz vor dem Virus mit einem religiösen Opferkult gleichsetzt. Der
zweite Beitrag stellt die Frage, warum manche Menschen in der Pandemie
das Werk von dunklen Mächten sehen.
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Titel
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Paradoxien einer Krise
- Autor
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Herausgeber
- Anna-Katharina Höpflinger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 134
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133