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6Kapitel
In den Zeitungen flackerten die Sensationen auf: Kommunistischer Anschlag
von einem Mitglied der Technischen Nothilfe vereitelt. Theodor Lohse wurde
einigemal genannt. Man gratulierte. Im Bunde deutscher Rechtshörer war
Theodor ein seltener Gast geworden. Er ging nicht mehr ins Kolleg. Das hatte
Zeit.
Seitdem er im Heeresbericht erwähnt worden war, hatte er seinen Namen
niemals mehr gedruckt gesehen. Jetzt begegnete er seiner Tat in allen
Zeitungen. Es kam ein Mann vom »Nationalen Beobachter«, ein dünnes
Männchen, das sich beständig mit irgendwelchen Gegenständen auf dem
Schreibtisch beschäftigte, während es sprach. Es lud Theodor zur Mitarbeit
ein, machte aber aufmerksam, daß das Budget des Blattes leider für Honorare
nicht ausreiche.
Was tat es? Theodor bekam ein Honorar von Trebitsch, ein weniger hohes
als das erstemal. Und es verringerte sich noch um die Hälfte, als Klitsche
seinen Anteil forderte. Von ihm hatte Theodor den Maler Klaften! Er,
Klitsche, hat in selbstloser Freundschaft Theodor die Sache abgetreten.
Klitsche sitzt in seinem Büro, ohne Rock und Weste, mit geöffnetem Kragen,
und sieht noch mächtiger aus. Man sieht den gewaltigen Umfang seines
Halses mit geblähten Muskelsträngen und die gebändigte Wucht seiner
ruhenden Fäuste auf dem Tisch. Seine lange Haarsträhne verschob sich und
ließ die verkrüppeltenReste seiner Ohrmuschel frei, ein rötliches Stückchen
Knorpel mit verkümmerten winzigen Windungen.
Theodor feilschte erbittert, ein Drittel wollte er hergeben, aber Klitsche
rückte den Stuhl mit einem plötzlichen Entschluß hinter sich, so, als wollte er
sich erheben. Er stand nicht auf, sondern blieb, auf dem weit
zurückgeschobenen Stuhl, den Oberkörper vorgeneigt, die starken Fäuste an
der Tischkante, sitzen, ein geducktes Tier; und Theodor gab ihm die Hälfte.
Dann ging er durch die Straßen, machte vor den Schaufenstern halt und
kaufte ein Paar Stiefel. Er kam sich gewachsen vor, als hätte er neuen
erhabenen Boden unter den Füßen.
Am späten Nachmittag, die Vögel zwitscherten ergreifend und abendlich,
sprach er ein weißgekleidetes Mädchen an. Im Laufe des Abends besuchte er
einen Tanzpalast, wurde eifersüchtig, weil das Mädchen mit einem Herrn vom
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Buch Das Spinnennetz"
Das Spinnennetz
- Titel
- Das Spinnennetz
- Autor
- Joseph Roth
- Datum
- 1923
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- PD
- Abmessungen
- 21.0 x 29.7 cm
- Seiten
- 93
- Schlagwörter
- Roman, Geschichte
- Kategorien
- Weiteres Belletristik
Inhaltsverzeichnis
- Kapitel 1 5
- Kapitel 2 10
- Kapitel 3 14
- Kapitel 4 17
- Kapitel 5 21
- Kapitel 6 24
- Kapitel 7 30
- Kapitel 8 32
- Kapitel 9 36
- Kapitel 10 39
- Kapitel 11 42
- Kapitel 12 44
- Kapitel 13 47
- Kapitel 14 50
- Kapitel 15 52
- Kapitel 16 54
- Kapitel 17 57
- Kapitel 18 59
- Kapitel 19 61
- Kapitel 20 64
- Kapitel 21 67
- Kapitel 22 69
- Kapitel 23 73
- Kapitel 24 76
- Kapitel 25 79
- Kapitel 26 81
- Kapitel 27 83
- Kapitel 28 86
- Kapitel 29 89
- Kapitel 30 92