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Das Spinnennetz
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25 Kapitel Zum erstenmal ging Benjamin Lenz zu einer Trauung. Er ging nicht, er glitt im Auto vor das Portal der Kirche, er trug zum erstenmal Zylinder und Frack, und später saß er an einem Tisch mit Offizieren und alten Damen und trank Wein, den er selbst gekauft hatte. Es war eine großartige Hochzeit. Theodor trug Paradeuniform. Kameraden in Paradeuniformen glänzten, klingelten, rasselten. Aus den Potsdamer Fenstern sahen die Leute, vor der Kirche standen sie, trotz der Kälte. Der Oberst hielt eine Rede, auch Major Lübbe sprach und erwähnte einmal den Grafen Zeppelin, nur aus Gewohnheit, ohne besondere Notwendigkeit. Elsa drängte Theodor zur Dankrede, aufstehen mußte er und sprechen, und es verwirrte ihn der schräg zu ihm aufsteigende Blick seiner Braut. Eine große Liebe für alle Anwesenden überflutete sein Herz, ein paarmal stand er auf, um Benjamin Lenz die Hand zu drücken, der ihm gegenüber saß. Benjamin freute sich. Das war die europäische Hochzeit. An seiner Seite saß die Majorswitwe Strubbe und erzählte von Kattowitz, wo sie ihre schönsten Jahre verlebt hatte. Benjamin hörte nicht, Benjamins tiefer Blick verglomm irgendwo im Weiten, er dachte an Lodz, an die schmutzige Barbierstube seines Vaters und sah den einzigen, blindgewordenen Spiegel im Laden. Wie einfach und weise waren die Reden alter Juden in Lodz, wie treffend ihr Witz, maßvoll ihr Gelächter, schmackhaft ihre Speisen, die Speisen der verachteten, geschlagenen, in Barbarei lebenden Juden, die keine Helme trugen und nicht glänzen und nicht scheppern konnten. Das war die europäische Hochzeit, hier heiratete einer, der ohne Sinn getötet, ohne Geist gearbeitet hatte, und er wird Söhne zeugen, die wieder töten, Europäer, Mörder sein werden, blutrünstig und feige, kriegerisch und national, blutige Kirchenbesucher, Gläubige des europäischen Gottes, der Politik lenkte. Kinder wird Theodor zeugen, buntbebänderte Studenten, Schulen werden sie bevölkern und Kasernen. Und Benjamin sah den Stamm der Lohse. Es gab Arbeit. Sie werden einander morden. Und Benjamin lauschte den Telegrammen, die Major Lübbe vorlas. Glückwünsche kamen von Pisk, von anderen Journalisten, vom Minister Hilper und von Geheimräten, und auch von Efrussi. Dann machte Major 79
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Das Spinnennetz
Titel
Das Spinnennetz
Autor
Joseph Roth
Datum
1923
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
93
Schlagwörter
Roman, Geschichte
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 10
  3. Kapitel 3 14
  4. Kapitel 4 17
  5. Kapitel 5 21
  6. Kapitel 6 24
  7. Kapitel 7 30
  8. Kapitel 8 32
  9. Kapitel 9 36
  10. Kapitel 10 39
  11. Kapitel 11 42
  12. Kapitel 12 44
  13. Kapitel 13 47
  14. Kapitel 14 50
  15. Kapitel 15 52
  16. Kapitel 16 54
  17. Kapitel 17 57
  18. Kapitel 18 59
  19. Kapitel 19 61
  20. Kapitel 20 64
  21. Kapitel 21 67
  22. Kapitel 22 69
  23. Kapitel 23 73
  24. Kapitel 24 76
  25. Kapitel 25 79
  26. Kapitel 26 81
  27. Kapitel 27 83
  28. Kapitel 28 86
  29. Kapitel 29 89
  30. Kapitel 30 92
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