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Zipper und sein Vater
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»Der arme Kaiser!« klagte Frau Zipper. »Der Kaiser wird froh sein, daß der Kerl umgekommen ist!« »Pst!« sagte Frau Zipper. »Sprich nicht so laut!« »Ich hab keine Angst, ich sag jedem meine Meinung!« Zippers Meinung änderte sich aber doch in den nächsten Tagen, als die Demonstrationen begannen. Er selbst zog vor die serbische Gesandtschaft. Er kam nach Hause und erzählte: »Man wird’s ihnen schon zeigen! Der Thronfolger war ein Hund, aber was geht es die Serben an? Wir wären schon selbst mit ihm fertig geworden. Jetzt werden sie sehn, daß mit uns nicht zu spaßen ist. Die Polizei ist doch großartig! Zieht vom Leder, und im Nu sind alle weggeblasen. Der ganze Platz in fünf Minuten gesäubert. Der Inspektor Hawerda hat heute Dienst gehabt. ›Brav habt’s ihr gearbeitet!‹ hab ich ihm gesagt. – (Ein netter Mensch, der Inspektor Hawerda.) ›Aber doch ein bissel zu viel mit den Säbeln. Schließlich ist das der Wille des Volks.‹ – ›Dienst ist Dienst!‹ sagte der Hawerda. – Das muß man auch verstehn!« Schließlich war Zipper enttäuscht, daß man nicht sofort gegen die Serben marschierte. Von allen Menschen, die ich damals kannte, war er der einzige, den die Mobilisierung nicht überraschte. »Ich hab es immer gesagt, daß es ohne Krieg nicht ausgehn wird.« Und Zipper, Zipper, der revolutionäre Zipper sagte zu seiner Frau: »Pack mir die Uniform aus, man kann nicht wissen. Im Krieg spielen Krampfadern keine Rolle. Ich bin ein alter Soldat, mag der Kaiser sein, wie er will, ich hab den Eid geleistet.« Vielleicht wäre Zipper gegen den Krieg gewesen, wenn sich die Gesinnung seiner Frau nicht geändert hätte. An dem Tag, an dem die ersten Männer einzurücken begannen, hörte ihr Patriotismus auf. »Wenn man will, kann man sich immer in Güte einigen«, sagte Frau Zipper. »Misch dich nicht in die Weltpolitik«, rief der Alte. »Arnold, morgen meldest du dich freiwillig!« Da sah ich zum erstenmal Frau Zipper aufspringen. Zum erstenmal hörte ich sie kreischen. Sie stand auf gegen ihren Mann, sie erhob den Sessel, sie mußte in diesem Augenblick die Kraft von tausend Müttern gefühlt haben. »Nein!« rief sie. »Solange ich lebe, wird sich keiner meiner Söhne freiwillig melden. Arnold nicht und Cäsar auch nicht. Geh allein in den Krieg. Ich brauch dich nicht! Geh, geh zu deinem Kaiser! Du! Du!« 29
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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