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Zipper und sein Vater
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der Bank, hätte man ihm ein Almosen geben können, wenn er nicht durch die Zeitung und die Brille eine gewisse Reputation bekommen hätte. Ich setzte mich zu ihm. »Nun«, sagte er, »Arnold hat dir sicherlich erzählt, daß mein Bruder nichts von ihm wissen will. Du bist ja sein Jugendfreund, du kennst ihn so gut wie ich, noch besser, möcht ich sagen. Glaubst du, daß er allein nach Brasilien gehen kann? Glaubst du nicht auch, daß er begabt ist – über den Durchschnitt? Wenn dieser Krieg nicht gewesen wäre! Was hätte Arnold nicht alles sein können? Mein Geschäft ging gut« (der alte Zipper hatte vergessen, daß der Krieg weniger an seinen geringen Einnahmen schuld war als er selbst), »ich hätte ihn noch eine Zeitlang ausgehalten. Er soll ein Bauer werden, meint mein Bruder. Mein Arnold – ein Bauer! Warum nicht gleich ein Tischler, wie mein Vater? Ich dachte, es ginge aufwärts mit meiner Familie, nicht abwärts.« Und Zipper redete eine halbe Stunde lang ähnliche Sätze. Schließlich erzählte er mir »im Vertrauen« – und er nahm meine Hand und beschwor mich zu schweigen –, daß er selbst für Arnold eine Stelle suche. Alte Verbindungen »grabe er aus«. Arnold aber sollte nicht wissen, daß sein Vater »vorarbeite«. Arnold sollte eines Tages eine »schöne Karriere« vor sich haben. Da ging er hin, der alte Zipper. Die Zeitungen ragten ihm aus der Rocktasche, Sonnenkringel spielten auf seinem Rücken, er ging nicht nur gebückt, er wackelte auch vor Schwäche, es war, als zögen ihn schwere Gewichte rechts und links. Er kannte und begrüßte den Gärtner des Parks – eine vornehme Persönlichkeit, eine von jenen Persönlichkeiten, von denen Zipper immer geglaubt hatte, es wäre gut, sich mit ihnen zu vertragen. Ja, er blieb sogar stehen, der Gärtner, der den Rasen umgegraben hatte, kam, auf die Schaufel gestützt, vor das Eisengitter, das die Beete von der Allee abschloß. Zipper sprach mit dem Gärtner. Wahrscheinlich freute sich der Alte, er wußte, daß ich ihn noch sehe, er konnte mir zeigen, daß er ein bekannter Mann war. Ihm allein, von allen Spaziergängern im Park, konnte es gelingen, den Rasen zu betreten. Wahrscheinlich erfüllte diese Macht den alten Zipper mit Stolz, auch jetzt noch, da er für Arnold eine Stelle suchte. Er kannte den Hofrat Kronauer vom Finanzministerium. (Wer kannte ihn nicht? Jedem hatte Kronauer schon irgendeinmal geholfen.) Er war einer der ältesten Kunden Zippers. Was ging den Hofrat Kronauer die Revolution an? Einen zweiten Kenner der Gesetze, der Verordnungen, der Einkommen- und Gewerbesteuer, der Abzüge und der Zuschläge gab es nicht. Er blieb im Amt, er wurzelte geradezu drin wie ein alter großer Baum in einem Park. Er spendete Güte, Hilfe, Protektionen. Der alte Zipper war nicht umsonst bei ihm 47
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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