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Zipper und sein Vater
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Nach einigen Tagen sah ich in der »Illustrierten Zeitung« Erna an der Seite eines bekannten Schauspielers, der auf der Leinwand die Dämonischen gab, auf der Photographie aber ein Bergsteigerkostüm hatte. »Die Kunst in den Bergen« hieß die Bilderreihe. Alle Jünger aller Künste trugen Alpenstöcke und waren ausgelassen vor Heiterkeit. Es folgten zwei Monate, in denen Arnold nicht zu sehen war. Er kam nicht ins Kaffeehaus. Er kam auch nicht in den Klub. Ich besuchte ihn in seiner Redaktion. »Alles«, sagte er, »hätte sie machen dürfen, nur nicht mit diesem Lümmel wegfahren. Die Aufnahmen für den Film ›Im Schatten der Riesen‹ beginnen erst in sechs Wochen. Wenn sie ihre Launen mit den Mädchen hat, das ist selbstverständlich. Aber wo soll das hinführen, wenn sie sich einmal mit einem Mann eingelassen hat? In aller Augen ist sie jetzt eine leichte Beute. Mit diesem Kerl! Er ist der dümmste! Er ist sogar unter Schauspielern der dümmste. Ich hätte noch verstanden«, sprach er weiter, auf und ab gehend, »wenn sie eine außerordentliche Gelegenheit wahrgenommen hätte. Der Generaldirektor Hartwig zum Beispiel. Er bemüht sich seit Jahren um sie. Er wollte ihr eine komplette Filmgesellschaft einrichten, mit allem. Er wollte ihr das große Alga-Atelier schenken. Ich hätte mich sofort scheiden lassen, wenn ich gesehen hätte, daß sie es nötig hat. Wenn von heute in einer Woche nichts kommt, nehme ich Urlaub und fahre hin!« Arnold ging zum Schreibtisch, blätterte im Kalender und strich ein Datum rot an. »Ich fahre!« sagte er. Auf seinem Schreibtisch standen sechs Photographien seiner Frau. Erna in verschiedenen Kostümen und Rollen. Erna, Erna, Erna. Da Arnold fortgehen wollte, legte er die Photographien in eine große Mappe und schloß sie in eine Lade. »Ich lasse nie die Bilder stehen!« sagte er. In diesem Augenblick brachte man Arnold ein Telegramm. Er ließ den Mantel, den er auf dem Arm gehabt hatte, fallen, den Hut und Stock. Seine Hände zitterten. Er hielt das geschlossene Telegramm einige Sekunden in der Hand. Dann ging er zum Fenster, wie um beim Licht besser zu lesen. (Denn es dämmerte schon.) Dann überlegte er eine Weile, ging zur Tür, drehte das Licht auf, zündete auch die Schreibtischlampe an, setzte sich, wie um eine 86
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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