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Zipper und sein Vater
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fühlt sich aber dennoch glücklich innerhalb des beschränkten Himmelsrunds, das über ein paar Jahrzehnte menschlichen Lebens gestülpt ist, und will am liebsten nichts wissen von der Geringfügigkeit, der Bedeutungslosigkeit eines Worts, das man spricht, einer Handlung, die man begeht, eines Schmerzes, den man erleidet. Es war, wenn man mit P. sprach, als blickte man in die Milchstraße und erlebte an hunderttausend Sonnen und an Millionen Planeten das Schicksal, das unserer Sonne und unserer Erde einmal beschieden ist. Seine Unerbittlichkeit war nicht hart und nicht grausam, denn man fühlte, daß sie notwendig war. Aber man mußte wahrscheinlich sehr alt geworden sein, um mit P. überhaupt sprechen zu können. P. hatte noch niemals diese Stadt verlassen. Er war krank, er war auch nicht in den Krieg gegangen, er wartete auf den Tod. Da es feststand, daß er sterben würde, wunderte man sich immer darüber, daß er noch lebte. Manche nahmen es ihm übel, daß er sein Wort nicht hielt. Vielleicht hatten sie Angst vor ihm wie ich. Ich hätte jedenfalls nicht gedacht, daß er den alten Zipper überleben würde. Denn obwohl Zipper weit älter war, so schien er mir doch wegen all seiner sonderbaren Eigenschaften eine Ewigkeit dauern zu sollen. Es war, als stünde der alte Zipper nicht im gewöhnlichen Leben, sondern in einer anderen, dem Verderb und dem Untergang nicht unterworfenen Abteilung des Lebens, während der junge Eduard P., obwohl schon ein Geist, dennoch als Körper ein schwächliches Mitglied dieser Welt war, über die der Tod stündlich ausgeschüttet wird wie Schnee im Winter. »Ich habe heute in der Zeitung gesehen«, sagte P., »daß der alte Zipper gestorben ist. Haben Sie ihn gekannt? Er war ein Tartarin eines bestimmten Wiener Bezirks. Ein Ausbund von liberalem Kleinbürgertum, ein Spießer, den ich verabscheut hätte, wenn nicht sein konfuser Kopf seine Entschuldigung gewesen wäre.« »Wissen Sie vielleicht, wo Arnold ist?« »Ah, Sie kennen nicht Arnolds Schicksal? Wenn ich mich recht erinnere, haben Sie immer gesagt, das Leben sei niemalsso inkonsequent wie die Schriftsteller. Wenn ich mich erinnere, war es der Text Ihrer Predigt im Kaffeehaus am Abend, in der ›Roten Ecke‹ auf dem Sofa: es sei Aufgabe des Autors, abzuschreiben, was er sehe. Hab ich mir’s gemerkt? Wenn Sie nun ein Romanschriftsteller aus der guten alten Schule wären, dann hätten Sie einen ausgezeichneten Stoff: Arnolds Leben. Sie wissen, daß er mit Erna in Monte Carlo von täglichen Gewinsten gelebt hat. Ist das nicht romanhaft genug? Nun, warten Sie! Dieser schlauen Erna (auf die Sie auch einmal hereingefallen waren, Sie auch) gelingt es, von Nizza aus, wo sie einen Filmamerikaner kennenlernt, nach Hollywood zu gelangen. Wahrscheinlich 105
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Zipper und sein Vater
Titel
Zipper und sein Vater
Autor
Joseph Roth
Datum
1928
Sprache
deutsch
Lizenz
PD
Abmessungen
21.0 x 29.7 cm
Seiten
112
Schlagwörter
Roman, Geschichte, Österreich, Wien
Kategorien
Weiteres Belletristik

Inhaltsverzeichnis

  1. Kapitel 1 5
  2. Kapitel 2 8
  3. Kapitel 3 13
  4. Kapitel 4 18
  5. Kapitel 5 22
  6. Kapitel 6 25
  7. Kapitel 7 28
  8. Kapitel 8 36
  9. Kapitel 9 42
  10. Kapitel 10 45
  11. Kapitel 11 54
  12. Kapitel 12 62
  13. Kapitel 13 68
  14. Kapitel 14 74
  15. Kapitel 15 77
  16. Kapitel 16 83
  17. Kapitel 17 88
  18. Kapitel 18 94
  19. Kapitel 19 97
  20. Kapitel 20 101
  21. Kapitel 21 104
  22. Brief des Autors an Arnold Zipper 110
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