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14 | Cultural Governance in Österreich
ner modernen Gesellschaft angesehen werden“ (ibd.). Zur Daseinsvorsorge ge-
hört Kultur als res publica, als öffentliche Angelegenheit, die unter bestimmten
Bedingungen in ein privates Gut umgewandelt werden kann. Damit sind auch
inhärente soziale und ethische Wertedimensionen angesprochen (Schmitt, 2011b,
2011a; UNESCO, 2005). Der Zugang zu und die Produktion von kulturellen Gü-
tern und Dienstleistungen, Fragen der Beschäftigung und kulturellen Bildung –
kulturpolitische Fragen – sind daher Fragen, die sich nicht auf die Ökonomie und
Kameralistik beschränken lassen (Zembylas, 2004: S. 114-115). Auch hier zeigt
sich die Komplexität der Beziehung zwischen Staat und Öffentlichkeit, wenn der
Staat in ausgelagerten, privatrechtlich konstituierten Kulturbetrieben, die öffent-
lich finanziert werden, privatwirtschaftlich und apolitisch agieren soll. Zugleich
soll der Staat in seiner Gemeinwohlorientierung für alle BürgerInnen gleiche
Zugangsmöglichkeiten schaffen. Die BürgerInnen selbst können sich diesem An-
gebot im Besitz der öffentlichen Hand auch verweigern bzw. daran Kritik üben.
Als KundInnen können sie zwischen unterschiedlichen kulturellen Angeboten,
öffentlich finanzierten bzw. subventionierten wie privaten auswählen. Sie sind
damit als Kollektiv aus politischer als auch aus ökonomischer Sicht mehr als ein
notwendiges Gegenüber, an dem politische und wirtschaftliche Entscheidungen
ausgerichtet werden. In Demokratien ist das Volk der Souverän, und am Markt
sind die KundInnen KönigInnen. Allerdings ist davon auszugehen, dass sowohl
die realen Möglichkeiten, als StaatsbürgerIn effektiv Kritik zu üben oder als
KundIn Einfluss auf Marktstrukturen und -entwicklungen zu nehmen, beschränkt
sind.
Für die Kulturbetriebslehre (Zembylas, 2004) und Kulturbetriebsforschung (Ha-
sitschka u.a., 2005; Kirchberg, 2005, 2006; Zembylas, Tschmuck, 2006b) ist
nicht nur die Frage relevant, wie im Kulturbetrieb und in der Kulturpolitik als
Arena der Entscheidungsfindung wirtschaftliche Effizienz und ein verantwortli-
cher Umgang mit öffentlichen Ressourcen sicherzustellen sind (über Marktme-
chanismen wie Distribution, Investition, Subvention, Deinvestition), sondern
auch, wie Kulturgüter aus kollektiven Prozessen des Aushandelns von Werten,
Präferenzen und Denkstilen als öffentliche Angelegenheiten (res publica) her-
vorgebracht werden (Zembylas, 2004).
Governance lenkt die Aufmerksamkeit auf diese Aushandlungsprozesse und
damit auf die Frage der Qualität der Entscheidungsfindungsprozesse, der Ver-
fahren bzw. des Machens von Politik („doing politics“ (Freemann, 2016)). Dies
beinhaltet normativ gefasst ein spezifisches Verständnis einer Good Governance
bzw. eines guten Regierens, das unter anderem die Einbindung von Betroffenen
(BürgerInnen) in Entscheidungsfindungsprozesse vorsieht. Diese Partizipations-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293