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befasst (Schmitt, 2011a: S. 44), wird als Cultural Governance mit Kultur bzw.
dem Kulturellen verknüpft. Wir haben es also zum einen mit einem relationalen
Konzept zu tun, das sich auf die Analyse (und gegebenenfalls normative Beurtei-
lung) von unterschiedlichen, veränderlichen Beziehungen richtet. Dabei ist es
plausibel, dass der Trend der Governance-Forschung, der sich seit Anfang der
2000er Jahre manifestiert (Benz, 2004; Benz u.a., 2007; Fukuyama, 2013; Gran-
de, 2012; Hajer, Wagenaar, 2003; Holtkamp, 2009, 2009; Offe, 2009) und auch
auf den Bereich der Kultur angewandt wird (Anheier, Raj Isar, 2012; Bálta Por-
tolés u.a., 2014; Duxbury, 2014; Gattinger, 2011; Scheytt, Knoblich, 2009; Sch-
mitt, 2011a, 2011b; Zembylas, 2006a), über kurz oder lang durch andere Kon-
zepte ersetzt wird. Die Reflexion über die Beziehung von Kultur zu anderen ge-
sellschaftliche Sektoren setzt sich dagegen fort. Gleiches gilt für die Koordinati-
onsprozesse, auf die sich die Analyse und Reflexion richtet.
Zum anderen liegt eine unlösbare Herausforderung im Forschungsfeld Kultur da-
rin, dass das Kulturelle notorisch als semantisch offen, instabil und vielschichtig
charakterisiert ist (Zembylas, 2004: S. 17) und entsprechend die Deutungsoffen-
heit des Governance-Konzepts potenziert. Entsprechend gibt es viele Auslegun-
gen und Definitionsversuche von Cultural Governance, die bestimmte Aspekte
hervorheben, andere ausblenden, sich in Situationen manifestieren bzw. von ver-
schiedenen AkteurInnen explizit gemacht werden oder eher latent und implizit
wirken können. In diesem Sinne wird Cultural Governance in diesem Buch so-
wohl als analytisches Konstrukt als auch als praktisch bzw. praktisch-politisch
wirksames Konzept betrachtet, das somit sowohl beforscht als auch in der empi-
rischen Forschung verwendet werden kann.
Hier verdeutlicht sich eine dialektische Beziehung zwischen begrifflichen
Konstruktionen und menschlichen Handlungen der Mikroebene, der Mesoebene
von Organisationen als koordinierten, kollektivierten Handlungszusammenhän-
gen und der Makroeben von Institutionen als relativ stabilen temporären Schlie-
ßungen. Konzepte beziehungsweise Ideen haben einen diskursiven Einfluss auf
das menschliche Handeln, prägen dieses bewusst, praktisch oder unbewusst
(Schmitt, 2011a: S. 18). Umgekehrt ist die Rezeption von Ideen und Diskursen
ein aktiver Prozess der Übersetzung (Burke, 2009), Aneignung, Kritik oder Ver-
änderung, über den auch Organisationen und Institutionen generiert und verän-
dert werden können, die ihrerseits am Erhalt ihrer Stabilität arbeiten (Zembylas,
2004: S. 28-29). Stabilität und Veränderung ist somit ein relationaler bzw. relati-
ver und kontingenter Prozess. Um herauszufinden, wie das Empirische in einem
Set normativer Anliegen, die ihm Bedeutung geben, situiert ist (Fischer, 1998:
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293