Seite - 21 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
Bild der Seite - 21 -
Text der Seite - 21 -
Prolog | 21
Über eine Analyse von Sozialen Welten und Arenen (Clarke, 2005, 2012;
Strauss, 1991) wird zusätzlich die Mesoebene des sozialen Handelns einbezo-
gen: als Kollektivierungen, über die Individuen durch „Akte der Verpflichtung
(‚commitment‘) gegenüber Sozialen Welten sowie ihre Teilnahme an Aktivitäten
dieser Welt“ (Clarke, 2012: S. 148) „wieder und wieder zu sozialen Wesen wer-
den“ (ibd.).
1.1.1 Kritische Analyse
Die in ihrer Art, Intensität und Qualität unterschiedlichen Beziehungen zwischen
Staat und Zivilgesellschaft, die bislang skizziert wurden, führen zu der Annah-
me, dass das Konzept Cultural Governance als deutungsoffenes Konzept be-
wusst strategisch bzw. normativ-programmatisch eingesetzt wird und im Sinne
der Handlungsorientierung von Politik und Verwaltung komplexitätsreduzierend
wirkt. Aus kritischer Perspektive deutet Slavoj Žižek diese Komplexitätsreduzie-
rung der eingebetteten Deutungen, Funktion und Wirkungen als „neutralisieren-
de Mystifizierung“ (Žižek, 2011: S. 22) der darin enthaltenen Machtverhältnisse,
Dimensionen von Herrschaft, Ungleichheit und Diskriminierung. Ob und wie
staatliche AkteurInnen und Institutionen mit nichtstaatlichen bzw. zivilgesell-
schaftlichen AkteurInnen und Institutionen zusammenwirken, ist empirisch zu
erforschen.
Politische Ordnung ist in diesem Sinne Gegenstand laufender symbolischer
Interaktion mit dem Ziel, Entscheidungen auszuhandeln und diese zu treffen.
Dem Pragmatismus John Deweys folgend sind Handlungen von der situierten
Erfahrung von AkteurInnen geprägt, die Regeln kreativ interpretieren. Gerald
Berk und Dennis Galvan (Berk, Galvan, 2009) nehmen auf Dewey Bezug und
sprechen von „kreativem Synkretismus“:
„Syncretism as label and metaphor highlights the openness and mutability of seemingly
coherent structures (like capitalism or democracy, as much as Catholicism or jazz), as well
as how transformation may originate from actors in most any position. Modernity, with its
dislocations, consolidations, and claims to convergence in language, culture, music, tas-
te—not to mention political and economic institutions—is a project of promoting orthodo-
xies. Syncretism, we argue, is the natural human response to it.“ (Berk, Galvan, 2009:
S. 544)
Die Regeln werden nicht ausschließlich von den herrschenden Entscheidungs-
trägern bestimmt. Auch subalterne bzw. vermeintlich exkludierte AkteurInnen
sind potentiell fähig, Verhandlungen auf aktiv gestaltende, kreative Weise zu be-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293