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56 | Cultural Governance in Österreich
zulegen, die normativ nicht zu rechtfertigen („unjustifiable“ (Dryzek, 1993:
S. 228)) sind.
Kommunikatives Handeln versteht Habermas als verständigungsorientierte
Äußerungen; Sprechakte als sprachliche Handlungen unter bestimmten situati-
ven Bedingungen (hier lehnt sich Habermas an den Symbolischen Interaktionis-
mus von Mead an) sind „normenregulierte und sprachlich vermittelte Interakti-
on“ (Habermas, 1995: S. 10). Sprache und Sprechakte haben darüber hinaus die
Rolle eines Mediums der Vergesellschaftung:
„Im kommunikativen Handeln übernimmt Sprache, über die Funktion der Verständigung
hinaus, die Rolle der Koordinierung von zielgerichteten Aktivitäten verschiedener Hand-
lungssubjekte sowie eine Rolle eines Mediums der Vergesellschaftung dieser Handlungs-
subjekte selbst.“ (Habermas, 1995: S. 14)
Habermas beruft sich auf den britischen Philosophen John L. Austin als Gründer
der Sprechakttheorie. Er trennt zwischen zwei Ebenen der Modularisierung von
Aussagesätzen und Erlebnissätzen durch eine „illokutionäre Komponente“ (Ha-
bermas, 1995: S. 106), durch die sie ergänzt und „in Zusammenhänge kommuni-
kativen Handelns eingebettet“ (ibd.) werden, d.h. auf ein bestimmtes Verständnis
beim Gegenüber treffen sollen. Zum einen geschieht das durch normative Kon-
texte (ich verspreche, ich gestehe, ich mahne), zum anderen durch die Äußerung
eines kritisierbaren Geltungsanspruchs (es ist der Fall, es ist wahr) (Habermas,
1995: S. 106-107).
„Weil kommunikatives Handeln die Orientierung an Geltungsansprüchen verlangt, ver-
weist es von Anbeginn auf die Möglichkeit, daß Dissense durch die Beibringung von
Gründen geschlichtet werden können. Daraus können sich institutionalisierte Formen der
argumentativen Rede entwickeln, in der die normalerweise naiv erhobenen, unmittelbar
bejahten oder verneinten Geltungsansprüche als kontroverse Geltungsansprüche zum
Thema gemacht und hypothetisch erörtert werden. Zum anderen meine ich die Abgren-
zung zwischen verständigungs- und konsequenzorientierten Handlungen. Im Allgemeinen
wird Alter durch eine komplizierte Mischung von empirischen und rationalen Motiven da-
zu bewegt, seine Handlungen an Egos Handlungen anzuschließen. Weil kommunikatives
Handeln die Orientierung an Geltungsansprüchen verlangt, verweist es aber von vornhe-
rein auf die Möglichkeit, daß die Interaktionsteilnehmer zwischen der Einwirkung aufei-
nander und der Verständigung miteinander mehr oder weniger scharf unterscheiden.“
(Habermas, 1995: S. 114-115)
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293