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Theoretische Situierung | 71
fortschreibt“, ein untrügliches ästhetisches ‚Gespür‘ ebenso wie ethische oder
politische Ansprüche (Boltanski, Thévenot, 2014: S. 56).
3.2.4 Adele Clarke: Soziale Welten/Arenen und ihre Analyse
Für die Analyse von Kulturpolitik stehen uns unterschiedliche analytische Ord-
nungsrahmen/Konzepte zur Verfügung. Kulturpolitik kann soziologisch als ein
Feld (Bourdieu 1971; 1984) bzw. Organisationsfeld (Scott, 2014: S. 220) be-
trachtet werden. Der Systembegriff nach Luhmann (Luhmann, 1984) ist eben-
falls ein optionales analytisches Konzept. Der Symbolische Interaktionismus be-
schreibt Arenen, in der alle AkteurInnen ihre Vorteile voranbringen möchten und
einige fähig sind, über längere oder kürzere Zeiträume andere dazu zu zwingen,
nach ihrer Wahrnehmung der Spielregeln zu spielen (Scott, 2014: S. 220). Der
Soziologe Richard W. Scott konstatiert, dass sich die Feldtheorie in der Organi-
sationssoziologie nach Bourdieu und die Chicago School des Symbolischen In-
teraktionismus bis vor einiger Zeit parallel entwickelt haben, aber mehr und
mehr Zeichen für eine Konvergenz der Theoriemodelle bzw. der zentralen Kon-
zepte Felder und Soziale Welten und Arenen in der Organisationssoziologie
sprechen (Scott, 2014: S. 222). Der Symbolische Interaktionismus verwendet die
Konzepte der Arenen und Sozialen Welten. Soziale Welten werden verstanden
als Gruppen von AkteurInnen mit
„geteilten Perspektiven, die dann die Grundlage für kollektives Handeln bilden. Individu-
elle und kollektive Identitäten hingegen werden durch Verpflichtungen in und Teilhabe an
Sozialen Welten und Arenen konstituiert. Verpflichtungen wurden zugleich als Teil der
Identitätsbildung und als Handlungsdisposition verstanden. Strauss und Becker definierten
Soziale Welten dann etwas ehrgeiziger als Gruppen mit gemeinsam geteilten Verpflich-
tungen hinsichtlich bestimmter Tätigkeiten, bei denen zum Zweck der Erreichung des ge-
meinsamen Ziels viele verschiedene Ressourcen geteilt und gemeinsame Ideologien hin-
sichtlich der genauen Vorgangsweise geschaffen werden. Soziale Welten sind Diskursuni-
versen und die wichtigsten affiliativen Mechanismen, durch die Menschen soziales Leben
organisieren. Insofern diese sinnhaft existiert, kann die Gesellschaft dann als ein aus ge-
schichteten Mosaiken von Sozialen Welten und Arenen zusammengesetztes Ganzes kon-
zipiert werden.“ (Clarke, 2012: S. 86)
Das Konzept der Sozialen Welten, das, wie Adele Clarke beschreibt, auf die So-
ziologen Anselm Strauss und Howard S. Becker zurückgeht, beschreibt das sozi-
ale Leben aus handlungsorientierter Perspektive als organisiert über die Ver-
pflichtung (commitments) gegenüber unterschiedlichen Kollektiven, etwa der
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293