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Lokale Situierung | 91
Die sogenannte „Dritte Welle“ der Wissenschaftssoziologie betont die Be-
deutung der deliberativen Entscheidungsfindung insbesondere in Planungspro-
zessen (Collins, Evans, 2007). Während es in anderen Politikbereichen, etwa in
der Technologiefolgenabschätzung, eine wissenschaftliche und politische Ausei-
nandersetzung über die Rolle und Dynamik von praktischem Wissen, Experten-
wissen und Entscheidungsautorität gibt (Selinger, Crease, 2006), fehlt dieser
Diskurs im Bereich der Kulturpolitik bislang weitgehend. „In der österreichi-
schen kulturpolitischen Praxis finden Klarlegungen und Diskussionen der demo-
kratiepolitischen Zielsetzungen von Kulturpolitik nicht statt“, so die Kulturpoli-
tikwissenschaftlerin Monika Mokre im Jahr 2005 (Mokre, 2005: S. 97).
Seit dieser Aussage sind rund zwölf Jahre vergangen und vor allem auf loka-
ler Ebene gab es zwischenzeitlich Erfahrungen mit kulturpolitischen Planungs-
prozessen, in denen auf zivilgesellschaftliche Beteiligung gesetzt wurde – in
Linz (2000 und 2013), Graz (2003), Krems (2006), Steyr (2008) und Salzburg
(2001 und 2015) sowie Dornbirn (2005 und 2015). Zu den wesentlichen Argu-
menten für eine Kulturentwicklungsplanung zählt unter anderem die Möglich-
keit,
„unter Einsatz von partizipativen Methoden die von der Planung betroffenen Personen in
die Überlegungen zur zukünftigen Entwicklung des Untersuchungsgebietes mit einzube-
ziehen. Disziplinenübergreifende Diskussionsprozesse werden in Gang gesetzt, neue
Netzwerke werden geschaffen.“ (Anzinger, Philipp, 2011: S. 17)
Trotz dieser Entwicklungen wird die gegenwärtige Kulturpolitik in Österreich
nach wie vor als Ausdruck eines „symbiotischen Verhältnisses zwischen Kultur-
betrieblichkeit und staatlichem Repräsentationsbedarf“ (Wimmer, 2011: S. 377)
interpretiert. Dies bildet sich auch auf Allokationsebene strukturell ab:
„Für 2016 hat der Minister für Kunst, Kultur, Verfassung und Medien ein Budget von
444,2 Mio. EUR angekündigt. Eine Neuverteilung frei werdender Mittel kommt vor allem
großen, renommierten Institutionen zu Gute: so erhalten die Bundestheater 14 Mio. EUR
mehr (eine Steigerung um 9% auf 162,9 Mio. EUR) die Salzburger und Bregenzer Fest-
spiele eine bzw. eine halbe Million Euro. Weitere Investitionen fließen 2016 in Vorarbei-
ten zum lange geplanten (und umstrittenen) Haus der Geschichte (2,3 Mio. EUR), in das
Wiener Museumsquartier (2,6 Mio.), ins Weltmuseum (3 Mio.) und in das Depot des
Technischen Museums (2 Mio.).“ (Ratzenböck u.a., 2016)
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293