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104 | Cultural Governance in Österreich
2009: S. 41). Volker Kirchberg u.a. verweisen auf die Stadt als „Möglich-
keitsraum“ (Kirchberg u.a., 2017), in dem zivilgesellschaftliche Gruppen
und Initiativen als sogenannte ‚change agents’ in Beziehung zu Institutionen
und Organisationen aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft stehen und
„konkrete Impulse für eine nachhaltige Stadtentwicklung“ (ibd.) geben. Auf
der lokalen Ebene richtet sich der Fokus zusätzlich auf eine Dimension des
Wissens der PolitikerInnen, VerwaltungsbeamtInnen und Kulturschaffen-
den, die als „lebensweltlich verortetes Alltagswissen oder ein spezifisches
Wissen über lokale Bedingungen“ (Zimmermann, 2009: S. 397) beschrie-
ben werden kann. Die Sozialen Welten in der Stadt bilden „Diskursuniver-
sen“ (Strauss, 1991: S. 235) beziehungsweise „gleichzeitig den Horizont für
Sprechsituationen und die Quelle von Interpretationsleistungen, während sie
sich ihrerseits nur durch kommunikative Handlungen hindurch“ reproduzie-
ren (Habermas, 1992: S. 38). Als Angehörige der Sozialen Welt Stadt und
anderer Sozialer Welten (zivilgesellschaftliche Gruppen/PolitikerInnen/Mit-
arbeiterInnen der Stadtverwaltung) treffen die AkteurInnen in einer gemein-
samen Arena aufeinander, in der Verhandlungen stattfinden. Diese Ver-
handlungsprozesse können als Governance-Prozesse beschrieben werden.
Die meist implizite Vorannahme der geteilten Sozialen Welt Stadt als Wis-
sens- bzw. Möglichkeitsraum bietet eine Erklärung dazu, dass von kommu-
naler Partizipation eine höhere Input- und Outputlegitimität des kommuna-
len Entscheidungssystems erwartet wird: Im Hinblick auf den Output sollen
durch die Nutzung von gesellschaftlichem Wissen problemadäquatere Lö-
sungen und neue Ideen entwickelt, staatliche Ressourcen ergänzt und die
Implementationswiderstände und Realisierungszeiten von politischen Pro-
jekten reduziert werden (Holtkamp, 2007: S. 374). Auf Inputebene sollen
Partizipationschancen erhöht und damit „Politik(er)verdrossenheit“ (ibd. S.
375) abgebaut sowie die Responsivität von Politikern erhöht werden. „Dar-
über hinaus entstünde ein Begründungszwang für alle Beteiligten, was die
Transparenz politischer Entscheidungsprozesse erhöhte“ (ibd. S. 375). Be-
zug nehmend auf die österreichische Kommunalpolitik ist es für Johann Le-
fenda „wenig erstaunlich“, „dass Entscheidungen nicht erst im Zuge der
Vorlage an das entsprechende Gremium erfolgen, sondern im Vorfeld aus-
gelotet werden. Je nach Materie und Konfliktpotential werden unterschied-
liche AkteurInnen herangezogen, darunter personen- oder themenbezogene
Vorentscheiderkreise, relevante Netzwerke, Verwaltungsführung, ggf. Inte-
ressengruppen und partizipatorische Inputs. Weiters sind lokale politische
Kultur, soziale Struktur und individuelle Verhältnisse bei den Vorentschei-
dungsprozessen relevant“ (Lefenda, 2009: S. 290).
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293