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106 | Cultural Governance in Österreich
Auftrag der Stadtregierung und sind an deren Weisungen gebunden (Wim-
mer, 2011: S. 171). Hinzu kommen fallweise beratende Gremien und Jurien,
die politische Entscheidungen vorbereiten. Eine besondere Rolle kommt im
städtischen kulturpolitischen Kontext den Landeshauptstädten zu. Neben
Wien sind vor allem die ehemaligen Europäischen Kulturhauptstädte Linz
und Graz, darüber hinaus die Festspielstädte Bregenz und Salzburg mit ihrer
Tradition als Festspielstädte zu nennen, die ein jeweils distinktes kulturelles
Stadtprofil entwickelt haben. Auch St. Pölten sowie Innsbruck, Klagenfurt
und Eisenstadt versuchen sich kulturell zu positionieren, wenn auch bislang
mit vorwiegend regionaler Reichweite. Kleinere Städte ziehen vor allem
durch Festivals BesucherInnen an (etwa das Donaufestival in Krems) und
richten ihre Angebote darüber hinaus eher auf die lokale Bevölkerung. Jo-
hann Lefenda (Lefenda, 2009: S. 111-112) erkennt im Hinblick auf die ös-
terreichischen Städte folgende allgemeine Tendenzen bezüglich der Heraus-
forderungen und Chancen der Kulturpolitik:
- Regulation der Kultur: Lefenda konstatiert hier angesichts einer sowohl an-
gebots- als auch nachfrageseitigen Zunahme von Möglichkeiten und
schnelllebigen Trends einerseits eine „radikale Eingrenzung auf bestimmte
Bereiche der Kultur“ (Lefenda, 2009: S. 111) seitens der kommunalen Kul-
turförderung und andererseits eine „Orientierungs- und Ziellosigkeit bei
kulturpolitischen Akteuren“ (ibd.). Beides kann als Steuerungsschwäche
ausgelegt werden.
- Exklusives Kulturverständnis: Auch hier ortet Lefenda ein Dilemma, da kul-
turelle Großveranstaltungen im städtischen Raum einerseits in der Bevölke-
rung Interesse für Kultur erzeugen können, andererseits aber auch – etwa
wenn sie als elitär, exklusiv und gleichzeitig zu teuer gelten – Gegenstand
von öffentlicher Kritik sein können. Ein Beispiel dafür sind etwa die Salz-
burger Festspiele.
- Konkurrenz mit anderen Städten und Regionen: Angesichts einer zuneh-
menden Reisebereitschaft internationaler, tendenziell eher wohlhabender
KulturtouristInnen (Felderer u.a., 2008: S. 18) sieht Lefenda einen Trend
„in Richtung eines breit akzeptierten, wenig umstrittenen Kulturangebots“.
Dazu kommt die zunehmende Orientierung der KulturtouristInnen an ein-
zigartigen Erlebnissen („Individualisierung und Privilegien“ (Steinecke,
2007: S. 336)), die für einen Profilierungsdruck auf Kultureinrichtungen
sorgt (Steinecke, 2007: S. 144). Daran schließt sich die Frage an, ob und
wie sich Kulturtourismus und kulturelle Partizipation der Bevölkerung er-
gänzen oder konfligieren.
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293