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Methodologische Situierung | 123
vorzuheben: damit lenkt Clarke die Aufmerksamkeit auf AkteurInnen und
Aktanten (nichtmenschliche Dinge, im kulturpolitischen Zusammenhang etwa
Gebäude, Instrumente, Technologien, Gelder), die keine eigene Stimme in der
Situation haben bzw. keine eigenen Argumente einbringen, für die jedoch die
Aktivitäten in der Handlungssituation folgenreich sind. Stumme AkteurInnen
können in der Situation präsent sein, aber von anderen – mächtigeren – Elemen-
ten zum Schweigen gebracht werden oder sie können von anderen absichtlich
konstruiert werden. Aktanten weisen sowohl materielle Eigenschaften als auch
durch soziale Interaktionen (Latour würde von Netzwerkbildungen sprechen)
entwickelte Eigenschaften auf – ein Theater hat etwa als Gebäude spezifische
materielle Eigenschaften, die aber erst über soziale Prozesse bezeichnet bzw. ge-
deutet werden. Adele Clarke geht davon aus, dass menschliche AkteurInnen
„diskursiv routinemäßig“ (Clarke, 2012: S. 88) nichtmenschliche Aktanten kon-
struieren. Zu erforschen ist: „wer konstruiert was diskursiv, und wie und warum
tun sie dies?“ (ibd.). Dass in der Regel mehrere bzw. unterschiedliche diskursive
Konstruktionen von AkteurInnen und Aktanten in Situationen zirkulieren, ver-
kompliziert und bereichert die Analyse:
„Die Analyse von Macht beinhaltet auch die Analyse der folgenden Punkte: Wessen Kon-
struktionen von wem bzw. wovon existieren? Welche Konstruktionen werden von den
verschiedenen Beteiligten für ‚wahr‘ bzw. in der Situation für ‚wichtig‘ empfunden? Wel-
che angefochten? Welche ignoriert? Von wem?“ (Clarke, 2012: S. 88)
Das Schweigen bezieht sich nicht auf quantitativ schwächere AkteurInnen bzw.
individuelle AkteurInnen. Auch ganze Gruppen können aus unterschiedlichen
Gründen schweigen. Aus der Perspektive der repräsentativen Demokratie wird
sogar die Mehrheit der Bevölkerung zum Schweigen gebracht bzw. darf ihre
Stimme nur in klar definierten Wahlverfahren abgeben. Deliberation, eine Mei-
nungsbildung auf breiter Basis kann jedoch nur über eine räsonnierende Öffent-
lichkeit gewährleistet werden, in der unterschiedliche Positionen zu Wort kom-
men.
5.2.4 Aktanten, diskursive Konstruktionen, kommunikative
Handlungen oder mehrdeutige Wesen?
Der Unterschied zwischen den Konzepten Aktanten, diskursiven Konstruktio-
nen, (intendierten) Handlungen bzw. Modi des Handelns ist nicht leicht zu tref-
fen. In der Definition Bruno Latours sind Aktanten nichtmenschliche Handelnde,
die in einem Netzwerk mit anderen Aktanten und menschlichen AkteurInnen
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293