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136 | Cultural Governance in Österreich
vorgestellt werden, die ihrerseits von Bewegungen in Kreisen angetrieben wird –
als Verdichtung von unterschiedlichen Ereignissen (Handlungen wie z.B.
Schreiben, Lesen, Nachdenken, Codieren, Kartographieren), Erzählungen von
Ereignissen (wie Berichte, Dokumente, Interviews) sowie Betrachtungen und
Erklärungen (Theorien). Das Ergebnis der emergenten Analyse kann mit Max
Weber als „Bedeutungsgewebe“ verstanden werden – es ist somit selbst materia-
lisierte Kultur. Die Forscherin definiert die Fäden, die dieses Gewebe zusam-
menhalten, und damit die Logik und Kohärenz der Geschichte (Strauss, Corbin,
1996: S. 104). Im Sinne der dichten Analyse ist das Ziel, genügend Kohärenz in
der Geschichte aufzuweisen, „um erzählt werden zu können“ (Arendt, 2006:
S. 191).
Adele Clarke knüpft an die Grounded Theory nach Anselm Strauss an und ent-
wickelt deren „konzeptionelle Infrastruktur“ (Clarke, 2012: S. 31) weiter.
„Individuelle wie soziale Verschiedenheit(en) sowohl in unserer Situiertheit als auch in
unseren Praktiken müssen im sozialen Leben und in jeder Sozialpolitik berücksichtigt
werden“ [...]. Sollten wir diesen Mangel an geeignetem Vokabular und Forschungsmetho-
den nicht überwinden, um wenigstens verschiedene Arten von Verschiedenheiten genauer
bestimmen zu können, werden unsere Versuche, in größerer sozialer Gerechtigkeit und
demokratischer Teilhabe auf diesem Planeten zusammenzuleben, auch in Zukunft wenig
Erfolg haben.“ (Clarke, 2012: S. 32).
Hier liegt die normative Verbindung zur pragmatischen, interpretativen und de-
liberativen Policy Analysis. Ebenso gefährlich, wie postmoderner Beliebigkeit
zu verfallen, ist es nach Adele Clarke jedoch auch, arroganter- oder naiverweise
davon auszugehen, dass Forschung direkt oder indirekt zu Veränderungen führt,
„die wir uns vorstellen“ (Clarke, 2012: S. 32). Ebenso wenig wie es eine Erklär-
theorie gibt, sollten Hoffnungen auf eine gemeinsame Überzeugung oder ge-
meinsame Erziehung perpetuiert werden. Es geht bei der Forschung ebenso wie
bei der demokratischen Entwicklung im Sinne von Chantal Mouffe und Hannah
Arendt um einen gemeinsamen Prozess des Anerkennens, Aushandelns und Ver-
stehens von Verschiedenheiten, der nie abgeschlossen ist.
Adele Clarke hat sechs Strategien zur Postmodernisierung der Grounded Theory
entwickelt. Die Postmodernisierung der Grounded Theory erfolgt durch:
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293