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168 | Cultural Governance in Österreich
Interpretative Analyse der Beziehungen: In diesem Abschnitt erfolgt eine
Wiederholung und damit Betonung der Suggestion, dass persönliche Meinung
und Abstimmung der Kollektivperson übereinstimmen. Die Beziehung zwi-
schen dem Finanzstadtrat und dem Gemeinderat ist vom Zweck der Überzeu-
gung (Beziehung der Welt der Meinung) geprägt, um die Abstimmung (Urteil
der staatsbürgerlichen Welt) zu entscheiden. Zusätzlich nimmt er auf die häus-
liche Welt Bezug (die Höherstehenden gehen den Untergebenen „mit gutem
Beispiel voran“). Durch diese als beispielhaft konstruierte Beziehung ver-
schleiert er, dass in der Logik der staatsbürgerlichen Welt Parteien als Reprä-
sentanten von Kollektivpersonen ohnehin ihre Interessen denen des Kollektivs
unterordnen sollten. Parteien verfolgen mithin als Konkurrenten in einer Welt
des (Stimmen-)Markts auch partikuläre Absichten, denen die Parteienförde-
rung dient.
Ermessensausgaben sind jene Ausgaben, über die die Stadträte in ihrem Ress-
ort frei, d.h. im Rahmen des Gleichheitssatzes (Willkürverbots) entscheiden
dürfen – Ausgaben, bei denen es keine gesetzliche oder vertragliche Fixierung
gibt. Dazu zählt die öffentliche Kulturförderung. In der Folge werden die
Stadtsenatsmitglieder als TrägerInnen einer Ermessenskompetenz tituliert.
Dadurch erscheint es als legitim, dass diese in einer Welt des Marktes eine
Ausgabe tätigen bzw. nicht tätigen (Investition) und gleichzeitig in der staats-
bürgerlichen Welt dazu berechtigt sind, die Höhe dieser Ausgabe zu bestim-
men. Dass der Finanzstadtrat sich auf einen künftigen Beschluss bezieht und
dabei ein einstimmiges Urteil voraussieht, vermittelt den Eindruck, dass es da-
zu bereits im Vorfeld Absprachen gab und der Beschluss in der offiziellen
Gemeinderatssitzung nur Formsache ist.
Akteur
(spricht/anwesend)
= Finanzstadtrat
Akteur
(schweigt/anwesend)
= Gemeinderat
Aktanten = verschie-
dene Fragen (=Kritik)
Akteur (schweigend/
anwesend): jedes „Hier geht es, und das ist
mir ganz wichtig, um die
nicht gebundenen Förde-
rungen. Dazu möchte ich
noch etwas genauer erklä-
ren, weil es hier im Vorfeld
verschiedene Fragen dazu
gegeben hat. Jedes Stadt-
senatsmitglied hat in seinem
Bereich nicht gebundene
Mittel, die dafür da sind, un-
terjährig auftauchende Sub-
ventionsfragen klären zu „das ist mir ganz wich-
tig“ der Wunsch nach
Anerkennung als Wür-
de der Welt der Mei-
nung
„möchte ich noch et-
was genauer erklären“
der Experte als Subjekt
der industriellen Welt
„Jedes Stadtsenatsmit-
glied hat in seinem Be-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293