Seite - 207 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
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Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse | 207
Interpretative Analyse der Beziehungen: Im offenen Brief wird die Solida-
rität des Stadtkulturbeirats mit den von den Kürzungen potentiell Betroffenen
deutlich. Der Brief hat Appellcharakter, d.h. er ist insgesamt in der Welt der
Meinung und der staatsbürgerlichen Welt verortet und wechselt zwischen
Sach-Argumenten (Kategorien der Welt der Industrie) und emotionaler Dra-
matisierung, die durch die zeitliche Vorausschau prophezeiend unterstrichen
wird. Die Position der Vereine und Initiativen wird als finanziell höchst prekär
beschrieben. Der Verweis auf die Selbstausbeutung suggeriert, dass diese Ak-
teurInnen sogar vor sich selbst geschützt werden müssen. Dennoch engagieren
sie sich für das Gemeinwohl („Ehrenamt“), ohne eigennützig an ihr Überleben
zu denken. Die AkteurInnen werden gelobt, um so zu unterstreichen, dass sie
eine Unterstützung moralisch und aus Gemeinwohlerwägungen verdienen.
Diese unterstützenswerten Subjekte verdienen Hilfe von Höherstehenden und
Solidarität von anderen (den angesprochenen politischen AkteurInnen), um
weiter tätig sein zu können. Von der Kürzung sind sowohl engagierte Men-
schen (Subjekte der staatsbürgerlichen Welt) als auch Organisationen (Kons-
tellation der industriellen Welt) in ihrer Existenz bedroht. Die Kürzung (dabei
geht es um 10 %) ist weniger real existenzbedrohend als demoralisierend: Sie
droht, den Vereinen und Initiativen die Motivation als Kompromiss zwischen
der staatsbürgerlichen Welt und der industriellen Welt (Boltanski, Thévenot,
2014: S. 437) zu rauben.
Akteur (spricht) =
Sprecher des Stadtkul-
turbeirats (= Mitver-
fasser des Briefs)
Aktant = Kulturent-
wicklungsplan
Diskursive Konstruk-
tion = langer zivilge-
sellschaftlicher Betei-
ligungsprozess mit
breiter politischer Un-
terstützung
Kollektiver Akteur
(schweigt/abwesend)
= Gemeinderat „Dieses Vorhaben steht
damit im krassen Wider-
spruch zum neuen Kul-
turentwicklungsplan, der
Anfang 2013 nach einem
langen zivilgesellschaftli-
chen Beteiligungsprozess
und mit breiter, politischer
Unterstützung im Gemein-
derat beschlossen wurde.
Im Kapitel „Potentiale
Fördern“ wurde als zent-
rale Maßnahme verankert,
die finanzielle Ausstattung
der freien Szene schritt-
weise zu erhöhen. Dass
der erste Schritt nun in die „krasser Widerspruch“
Prüfung der staatsbür-
gerlichen Welt (Streit,
Recht einfordern)
„zivilgesellschaftlicher
Beteiligungsprozess“
als Arrangement der
staatsbürgerlichen
Welt (Teilhabe
(Boltanski, Thévenot,
2014: S. 256) mit der
industriellen Welt
(Prozess als Mittel
(Boltanski, Thévenot,
2014: S. 280))
„mit breiter Unterstüt-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293