Seite - 243 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
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In beiden Städten wird sowohl von interviewten RepräsentantInnen (Clarke,
2012: S. 151) der Welt der PolitikerInnen als auch von den interviewten Reprä-
sentantInnen der Welt der Kulturbetriebe der Sozialen Welt der Kulturverwal-
tung eine bedeutende kommunikative Funktion als Vermittlerin bzw. Intersekti-
on zuerkannt. Seitens der Welt der Kulturbetriebe wird dabei die persönliche
Haltung der zuständigen FachbeamtInnenen – Dialogbereitschaft, Präsenz bei
zahlreichen, auch kleineren Veranstaltungen der Freien Szene, „tatsächliches“
(KBLI) Interesse an Kunst und Kultur, wenn auch hier mit wahrnehmbaren per-
sönlichen Präferenzen – positiv wahrgenommen. Diese anerkennende und wert-
schätzende Haltung, die sich in Gesprächen auf Augenhöhe und physischer Prä-
senz als Teil des Publikums bei Veranstaltungen (Empfängen, Vernissagen, Dis-
kussionsveranstaltungen – nicht nur der großen Kulturbetriebe, sondern auch
von Kulturvereinen und Kunst- und Kulturschaffenden organisiert etc.) manifes-
tiert, bei denen die höherstehenden Personen sich in ein Kollektiv einordnen und
gleichzeitig als höherstehende Personen identifizierbar sind, wirkt stabilisierend
für die Beziehung zwischen der Sozialen Welt der Kulturbetriebe und der Sozia-
len Welt der Verwaltung. Sowohl Linz als auch Graz haben eine überschaubare
Größe, die diesen direkten Kontakt begünstigt. Die Stabilisierung wird über ei-
nen Kompromiss zwischen der staatsbürgerlichen Welt, der häuslichen Welt, der
industriellen Welt, der inspirierten Welt und der Welt der Meinung erreicht. Die
Kulturschaffenden werden für ihr kreatives Schaffen von RepräsentantInnen der
staatsbürgerlichen Welt wahrgenommen, persönliche Kontakte mit bedeutenden
Amtspersonen werden ermöglicht.
Aus dem in Interviews generierten Datenmaterial wird deutlich, dass Kulturbe-
amtInnen sich in der Wahrnehmung von typischen Stereotypen von bürokratisch
agierenden VerwalterInnen bzw. BeamtInnen unterscheiden. Dies wird auch in
den Selbstbezeichnungen deutlich, aus denen das Wort „Verwaltung“ getilgt ist
(„Service“ und „Förderungen“ der Linz Kultur (Linz Kultur, 2017)). Insbesonde-
re Führungspersonen in der Verwaltung werden als aktiv die kulturpolitische
Programmatik gestaltende und auch als politische wirksame Kräfte wahrge-
nommen.
„[...] man muss sich halt auf die Beamten verlassen und die wollen natürlich auch gestal-
ten. Da gibt es gerade an der Spitze jene, die mehr gestalten als verwalten wollen. Man
sieht auch, dass der Druck von außen auf die Verwaltungen steigt, auch gestaltend aktiv
zu werden, gerade durch Bürgerinnenbeteiligungsverfahren, wo die Verwaltung viel stär-
ker ins Zentrum gerückt wurde. Der Druck von außen, dass die Verwalter nicht nur im
stillen Kämmerlein sind, das alte Bild, das wir haben vom Beamten, der im stillen Käm-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293