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246 | Cultural Governance in Österreich
Die Gender-Budget-Analyse ist ein Kontrollinstrument, das die Linz Kultur be-
reits seit 2007 dem Frauenausschuss des Gemeinderats der Stadt Linz übermittelt
und das Teil eines gesamtstädtischen Gender-Budgeting-Systems ist. Darin wird
die Höhe der Kunst- und Kulturfördersummen, die an Frauen und Männer2 ver-
geben werden, ausgewiesen. Seit 2014 werden auch die Zahlen der Musikschule,
der Museen, der Stadtbibliothek, der Volkshochschulen nach der Kategorie Gen-
der geordnet. Über dieses Kontrollinstrument (Methode der industriellen Welt)
wird somit versucht, einen Gendergerechtigkeitsdiskurs in der staatsbürgerlichen
Welt durch Messung (Evidenz der industriellen Welt (Boltanski, Thévenot,
2014: S. 285) zu befördern. Durch die Sichtbarmachung, Transparenz (Investiti-
on der Welt der Meinung (Boltanski, Thévenot, 2014: S. 249)) werden die Ent-
scheidungen von Verwaltung, Politik und Jurien kritisierbar bzw. zum Gegen-
stand öffentlicher Deliberation:
„Ja, wir sind immer wieder auch damit konfrontiert worden mit Kritik, beispielsweise
beim Linz Fest zu wenige Frauen im Programm zu haben. Auch bei anderen Formaten. Es
war der politische Referent auch schon in der Kritik, weil einfach die Ankäufe mehr von
Männern getätigt wurden. Auch, wenn beispielsweise von Männern und Frauen gleichviel
Werke ankauft wurden, dann sind oft auch nochmal die Ankaufsummen ein großer Unter-
schied.“ (VERLI)
Die Sensibilität des Kulturbereichs gegenüber Themen der Gendergerechtigkeit
und Partizipation von Minderheiten wird einerseits begrüßt – andererseits gibt es
auch ein Bewusstsein darüber, dass in anderen einflussreichen Bereichen, etwa
Wirtschaft und Verkehr, diese Sensibilität nicht existiert:
„Ich sage immer, wenn es um wirtschaftliche, ökonomische Fragen gehen würde, da stellt
das keiner in Frage, wenn dann ökonomische Expertengruppen – Expertinnen sind es dann
eh nicht, sind eh meistens Männer – sich das dann irgendwo ausmachen oder wie bei der
Verkehrspolitik, das ist auch ein gutes Beispiel.“ (KBLI2)
Der politische Einfluss der Verwaltung wird durchaus als ambivalent wahrge-
nommen. Einerseits werden die aktive Rolle, die Motivierung der Politik und
damit das kulturpolitische Gestaltungsinteresse der Verwaltung im Kulturbereich
positiv diskutiert. „Die Verwaltung gleicht vieles aus, was die Politik nicht leis-
tet“, so eine Person aus dem Kulturbetrieb im Interview (KBLI2). Ohne die aus-
gleichende Rolle der Verwaltung drohe Kulturpolitik aus dieser Position
2 Die binäre Genderkonstruktion kann hier durchaus kritisiert werden.
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293