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250 | Cultural Governance in Österreich
„Wenn es Anträge gibt, wenn Themen aus dem Gemeinderat kommen, die dem [Kultur-
]Ausschuss zugewiesen werden, dann kommt meist von Seiten der Verwaltung eine erste
Zusammenfassung, was zu dem Thema schon existiert. Basierend auf diesen Informatio-
nen werden dann Entscheidungen getroffen – dass man nichts tut oder was macht – in den
meisten Fällen sind dann alle über die weitere Vorgangsweise einig.“ (POLI)
Umgekehrt zeigt die Verwaltung auch Entgegenkommen, indem sie Wünsche
der PolitikerInnen aufnimmt und umsetzt. Sie verfügt über das Erfahrungswis-
sen, welche Formate sich dafür besonders eignen: jene, die ohne große Investiti-
onen – Verhandlungen mit anderen Ressorts beziehungsweise hohen Zeit- und
Mittelaufwand – umsetzbar sind. Ein typisches Beispiel für solche Formate sind
Podiumsdiskussionen zu Themen, an denen RepräsentantInnen der Sozialen
Welt der PolitikerInnen aktuell Gefallen finden, etwa das Thema Stadtentwick-
lung oder das Thema Innovation. Das vorbereitete und entgegenkommende
Handeln der Welt der Kulturverwaltung kann zur Vertrauensbildung mit der
Welt der Politik beitragen. PolitikerInnen bezeichnen sich als dankbar für das
Fachwissen der Kulturverwaltung:
„Ich habe das Gefühl, dass von Seiten der Politik durchaus Dankbarkeit herrscht, dass wir
mit fachlich fundierten Informationen versorgt werden.“ (POLI)
Als kontinuierliches Element der kulturpolitischen Situation am Beispiel von
Linz und Graz hat die Kulturverwaltung schon viele Wechsel und Änderungen in
der Politik beobachtet. Sie kennt deren Getriebenheit von aktuellen Trends und
Entwicklungen (Urteile der Welt der Meinung (Boltanski, Thévenot, 2014:
S. 252), deren Bedarf, auf diese unmittelbar zu reagieren (dabei auch zu impro-
visieren als Kategorie der inspirierten Welt), ihre Angst vor dem Scheitern, da
sie sich auf einer öffentlichen Bühne (einem Meinungsmarkt) bewegt und damit
ihre Versuchungen, unangenehme Angelegenheiten zu verheimlichen, um nicht
durch Formen der staatsbürgerlichen Welt (Abwahl, Protest) kritisiert zu werden.
Deutlich wird, dass die Verwaltung der Politik gegenüber eine Distanz behalten
möchte, auch wenn sie ihr formell unterstellt ist. Auf informeller Ebene wird
dies durch eine mitunter ironische Einstellung gegenüber der Welt der Politik
deutlich, Respekt und Unterwürfigkeit wird – auch in den geführten Interviews
mit RepräsentantInnen der Verwaltung – oft übertrieben vorgetragen.
Im direkten Kontakt mit VertreterInnen der Welt der Politik weicht diese
Ironie der Sachlichkeit und Korrektheit im persönlichen Umgang (als Kompro-
miss zwischen der industriellen Welt, der staatsbürgerlichen Welt und der häus-
lichen Welt). Die Verwaltung agiert anders als die RepräsentantInnen der Politik
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293