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• „Wir-Erzählungen [zu] fördern“ (d.h. die Aufmerksamkeit von Individuen auf
die Koordination lenken – „gute Entscheidungen sind Teamleistungen“) (An-
derson u.a., 2004: S. 28-30).
Die Transformation von geheimen, intransparenten Entscheidungen zu offenen,
dialogischen Entscheidungen in einem Konkurrenzfeld wie der Kulturförderung
ist kein einfacher, aber dennoch ein umsetzbarer Prozess. Dachverbände der
Freien Kulturszene gehen hier der öffentlichen Hand voran. Die KUPF Oberös-
terreich sammelt seit den 1990er Jahren Erfahrungen mit öffentlichen Jurysit-
zungen im Bereich des „Innovationstopfs“. Entscheidungen werden hier teilwei-
se heftig kritisiert. Dies wird aber von Jurymitgliedern als aushaltbar beschrieben
vor dem Hintergrund, dass eine transparente Diskussionskultur im Kulturbereich
gefördert werden soll (Geier, 2002). In Tirol sammelt man seit 2002 Erfahrung
mit öffentlichen Jurysitzungen im Rahmen von „TKIopen“, einem Projekt der
TKI – Tiroler Kulturinitiativen und der IG Kultur Tirol zur Förderung zeitgenös-
sischer Kultur mit einem Fördervolumen von 68.500 Euro aus Landesmitteln
(Stand 2016/17). Seit 2008 ist die Jurysitzung der „stadt_potenziale“, eines von
der Stadt Innsbruck ausgeschriebenen Fördertopfes mit einem Volumen von
70.000 Euro (Stand 2016/17), der sich an die Freie Szene richtet, ebenfalls öf-
fentlich zugänglich. Die Jurys für diese Förderungen werden für jedes Jahr neu
bestimmt, neben TirolerInnen sind auch Personen aus anderen Bundesländern
eingeladen. Einem informellen Gespräch mit einem Jurymitglied zufolge ist die
Jury besonders gefordert, sich nicht nur fundiert, sondern auch respektvoll aus-
zudrücken. Dies gelinge nicht immer, so das Jurymitglied, so dass es teilweise
auch in Tirol negative Rückmeldungen der abgelehnten FörderwerberInnen ge-
be. Auch hier wird insgesamt hervorgehoben, dass Öffentlichkeit einer gemein-
samen Gesprächskultur und einem differenzierten Qualitätsverständnis entge-
genkommt. Zu den Wirkungen dieser öffentlichen Sitzungen gibt es jedoch noch
keine systematische Evaluation. Hier manifestiert sich ein Forschungsdesiderat.
Zurückkommend auf die Förderempfehlungen an die Politik auf kommunaler
Ebene gibt es für die Fachbeiräte bzw. entsprechende Gremien in Linz und Graz
auch starke Interventionen seitens der Verwaltung. RepräsentantInnen der Ver-
waltung sind bei den Sitzungen üblicherweise präsent, strukturieren diese und
sind auch an der Auswahl der Beiratsmitglieder beteiligt. Das Grazer System der
spartenspezifischen Fachjuries führt dazu, dass die Mitglieder sich mitunter als
Lobbyisten der eigenen Kunst- und Kultursparte verstehen und neue AkteurIn-
nen, Vereine, Kulturinitiativen nur schwer einen Zugang zu Förderungen be-
kommen. In Linz gibt es den Versuch, über Sonderförderprogramme innovati-
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293