Seite - 278 - in Cultural Governance in Österreich - Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
Bild der Seite - 278 -
Text der Seite - 278 -
278 | Cultural Governance in Österreich
tionen werden somit flexibler, Neupositionierungen in Verhandlungssituationen
und Arenen werden möglich. Die Interaktion von staatlichen und zivilgesell-
schaftlichen AkteurInnen in einem wechselseitigen Verhältnis, wandelbare Be-
ziehungen und vielfältige Modi des Engagements, der Argumentation und
Rechtfertigung konnten anhand konkreter Situationen und Konstellationen dar-
gestellt und interpretiert werden.
Für die Kulturbetriebsforschung bzw. Kulturpolitik- und Kulturmanagement-
forschung ist dies insofern relevant, als staatliche AkteurInnen im Rahmen der
nicht-hoheitlichen Kulturverwaltung als UnternehmerInnen, AuftraggeberInnen,
FörderverwalterInnen und DienstgeberInnen agieren und darüber hinaus einer
Gemeinwohlorientierung verpflichtet sind. Damit wechseln sie zwischen unter-
schiedlichen Handlungslogiken (etwa zwischen Gemeinwohl und Gemeinwirt-
schaftlichkeit), erzeugen und treffen auf Konflikte, schließen Kompromisse und
brechen sie wieder (Boltanski, Thévenot, 2014). Die Beziehungen zwischen
Staat bzw. gebietskörperschaftlichen Organisationseinheiten und zivilgesell-
schaftlichen (Teil-)Öffentlichkeiten sind damit spannungsvoll und hochkomplex.
Anstelle eines statischen Idealtypus, in dem Governance als Politikgestaltung
zwischen gesellschaftlichen Sektoren (Kultur, Politik, Wirtschaft) dargestellt
wird, zeigt sich Cultural Governance als komplexe und dynamische Arena, in
der trotz normativer Absichten hinsichtlich der Beratung mit zivilgesellschaftli-
chen Gruppen Herrschaftsverhältnisse reproduziert werden. Dennoch sind auch
kreative Möglichkeiten der Einflussnahme durch AkteurInnen wie die Verwal-
tung (etwa über die Steuerung von Informationen und Vorstrukturierung von
Themen) und die Freie Kulturszene (etwa über kreativen Protest) nachvollzieh-
bar.
Jenseits sektorialer und institutioneller Stabilisierungen und damit einhergehen-
den schematischen Zuschreibungen (die PolitikerInnen handeln politisch, die im
Kulturbetrieb Tätigen handeln manageriell bzw. künstlerisch, die Kulturbeam-
tInnen handeln bürokratisch) wird damit deutlich, dass sich die AkteurInnen in
ihren Sozialen Welten bzw. gemeinsamen Arenen und Situationen der jeweiligen
Konstellation und Situation flexibel anpassen. Einerseits, indem sie ihr Handeln
mit Bedeutung aufladen und Konflikte argumentativ zu Kompromissen arrangie-
ren, andererseits indem sie Zwischenräume bzw. Subwelten (informelle Zusam-
menkünfte und Gespräche) organisieren.
Auf Basis meiner empirischen Forschung anhand konkreter Situationen und
Konstellationen in Linz und Graz zeigt sich etwa, dass sich PolitikerInnen in ih-
rer Argumentation auch als ExpertInnen gebärden, die ihre Differenzen nicht
Cultural Governance in Österreich
Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Titel
- Cultural Governance in Österreich
- Untertitel
- Eine interpretative Policy-Analyse zu kulturpolitischen Entscheidungsprozessen in Linz und Graz
- Autor
- Anke Simone Schad
- Verlag
- transcript Verlag
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-8394-4621-8
- Abmessungen
- 14.8 x 22.5 cm
- Seiten
- 322
- Schlagwörter
- Political Science and International Studies, Kulturpolitik, Linz, Graz, Europäische Kulturhauptstadt, Demokratie, Cultural Governance, Österreich, Kultur, Kommunalpolitik, Politikwissenschaft, Politik
- Kategorie
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Abstract 7
- Gliederung des Buches 9
- 1 Prolog zu Cultural Governance: Doing Politics – Making Democracy? 11
- 2 Kultur, Öffentlichkeit und Politik: eine Annäherung 31
- 3 Theoretische Situierung von Cultural Governance 43
- 4 Lokale Situierung der Analyse in Österreich 87
- 5 Methodologische Situierung der Cultural-Governance-Analyse 109
- 5.1 Interpretative Policy-Analyse 109
- 5.2 Fokus auf die Situation 112
- 5.3 Positionierung, Perspektiven und Grenzen des Grounded Theorizing 126
- 5.4 Materialauswahl – der Unterschied zwischen der Fallanalyse und der Situationsanalyse 130
- 5.5 Situations-Mapping: AkteurInnen, Aktanten, weitere Elemente und ihre Wechselbeziehung 140
- 6 Ergebnisse der konkreten Situationsanalyse zur Verhandlung um Kulturförderung 155
- 7 Ergebnisse der Analyse Sozialer Welten in der Arena der Cultural Governance 219
- 7.1 Die Soziale Welt der städtischen Gemeinde 219
- 7.2 Die Soziale Welt der gewählten MandatarInnen (PolitikerInnen) 226
- 7.3 Die Soziale Welt der Kulturbetriebe in der Stadt 231
- 7.4 Die Soziale Welt der MitarbeiterInnen der städtischen Kulturverwaltung 242
- 7.5 Die Soziale Welt der Beiräte 254
- 7.6 Zusammenfassende Analyse der Sozialen Welten in der Arena der Cultural Governance 268
- 7.7 Normative Kriterien für Cultural Governance 271
- 8 Abschließendes Fazit 277
- 9 Anhang 283
- Literatur 293