Page - 136 - in Habsburg als Touristenmagnet - Monarchie und Fremdenverkehr in den Ostalpen 1820–1910
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136 AufschwungderKurorte: InfrastrukturundmondänesLeben
lokaleBevölkerungwarsichjedochnichtvonBeginnaneinig.Wieerwähnt,gewann
inMerandiefortschrittlicheliberalePartei inden1860er-JahrendieĂśberhandund
konntediedemFremdenverkehrkritischGegenĂĽberstehendenvomzunehmenden
Wohlstandüberzeugen.552AuchinIschl ließsichinderzweitenHälftedes19.
Jahr-
hundertseineĂĽberdurchschnittlicheBeteiligung jener inderkommunalenPolitik
nachweisen,derenVermögen,StellungundExistenzdirektvomFremdenverkehr
abhing.DerblühendeKurtourismusbenötigte immermehrBildungsbürger,das
heißtfreiberuflichTätigewieÄrzte,aberauchStaatsbediensteteundhöhereBeamte
undzogsoeineneue(vermögende)Gesellschaftsschichtan.Diese formiertesich
zueinerneuenfortschrittlichenEliteunddominierteabdemletztenDritteldes
19. JahrhundertsdieKommunalpolitik.553
4.10 Fazit:HabsburgalsBeschleunigungsfaktor
DiequantitativeAuswertungderKur-undFremdenlisten legtedieBasis fĂĽrdie
UntersuchungeinespotentiellenMonarchieeffekts.AlleOrteerlebtenwährenddes
19. JahrhundertseinenBoomalsFremdendestination.Siepasstensich jedochin
InfrastrukturundLebensweise inunterschiedlichemTempodenimmergrößeren
Gästezahlenan.
DerVergleichder„Aufschwungsindikatoren“zeigt,dassdieHabsburgerAuf-
enthalte invielenBereichendesTourismusals„Beschleunigungsfaktor“wirkten,
indemunausweichlicheInvestitionenoderAusbautenaufgrundhabsburgischer
Präsenzfrüherstattfanden:BeispielsweisebauteIschlbereits1827eineigenesThea-
terundReichenauwurde1887andasTelefonnetzvonWienangeschlossen.Meran
erhielt erstnachmehrerenAnläufen imHerbst1871–direktnachdemerstenAuf-
enthaltvonElisabethundihrenTöchtern–ein„richtiges“Kurhaus. Jedochgabes
auchBereiche, indenendieHabsburgernichtals„förderndeFaktoren“ausgemacht
werdenkonnten:SowurdenMeranundIschl,obwohl schonjahrzehntelangHabs-
burgerzuBesuchkamen,erst spätdirektansEisenbahnnetzangeschlossen.Und
Ischl,daszwarzur JahrhundertmitteaufgrundderGästefrequenzalseuropäisches
Modebadgalt, konntemit seinenBadeanlagen,HotelsunddemUnterhaltungs-
angebotnichtmitandereneuropäischenKurortenwieMarienbad,Baden-Baden
oderHomburgkonkurrieren.554
Die„weichen“IndikatorenzeichnenindenFallbeispielorteneinen inderersten
Hälftedes19. Jahrhunderts sehrstarkvonderAristokratiegeprägtenLebensstil.
552 SieheS.67.
553 Aigner,2004,S.159–175.
554 Oberhammer,1983,S.16.
https://doi.org/10.7767/9783205213741 | CC BY-NC 4.0
© 2021 by Böhlau Verlag Ges.m.b.H. & Co. KG, Wien, Zeltgasse 1, A-1080 Wien
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Table of contents
- 1. EinfĂĽhrung 9
- 2. Adelsgesellschaft imWandel 21
- 3. Habsburger in Ischl,Meran und Reichenau 55
- 4. Aufschwung der Kurorte: Infrastruktur und mondänes Leben 85
- 4.1 Wachstum und Konjunkturen 88
- 4.2 Verkehrsrevolution 97
- 4.3 Gastgewerbe 102
- 4.4 Kureinrichtungen und technische Innovation 107
- 4.5 Unterhaltungsangebot 112
- 4.6 Gesellschaftliche Stellung der Gäste 116
- 4.7 Umgangsformen, Etikette 122
- 4.8 Politik und StaatsfĂĽhrung im Kurort 128
- 4.9 Fremdenverkehr und Einheimische 132
- 4.10 Fazit: HabsburgalsBeschleunigungsfaktor 136
- 5. Ă–ffentliche Wahrnehmung und Resonanz 139
- 6. Ergebnisse: Monarchie und Tourismus 175
- 7. Quellenverzeichnis und Bibliografie 179
- 8. Anhang 197