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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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31 Tanz ewigen Lamentieren und Moralisieren hält er kampfeslustig entgegen: „Also ruhig! Ihr Sittenprediger und Moralisten, ihr Laudatores temporis acti, die ihr immer die Vergangenheit anpreist und die Gegenwart verlästert, stille von nun an, denn wir, eure Enkel, hopsen und rasen nun jene unsinnige Galloppade nach, die ihr vor vierzig Jahren tanztet. Freilich ist auch vor vierzig Jahren schon manches blühende Mädchen an den Folgen einer Gallopade gestorben – allein was macht das? Es ist süß, im Gallop zu sterben. Freilich ha- ben auch schon vor vierzig Jahren Aeltern und Erzieher, Aerzte und Journalisten gegen die Tarantel-Wuth der Gallope gepredigt; allein wir rufen wie damals: ‚A bas les moralistes! Vive la Gallope!‘“75 Genau vierzig Jahre liegen zwischen den beiden Artikeln, vierzig Jahre der napoleonischen Kriege, der metternichschen Zensur und gewaltiger gesellschaftlicher Veränderungen hin zum aufkommenden Industriezeitalter. Es waren die vierzig Jahre, in denen Lanner schuf und wirkte – die nie versiegende Tanzwut seines Publikums war die Grundlage seines Lebenswerkes. Tanz ist mehr als reines Freizeitvergnügen, mehr als sportliche Betätigung. In der Sinnlichkeit des Tanzens erschließt sich die ganze Palette zwischenmenschlicher Beziehungen. Humorvoll beschreibt dies ein Arti- kel aus 1826, der die einzelnen Tänze mit den Stationen des Lebens in Verbindung setzt: „Die Eccossaise ist das treffliche Bild des Leichtsinns; der Tänzer fliegt im raschen Zweyvierteltacte die Colonne herauf und hinunter, bis er ermattet endet, sich in einen Winkel setzt, bis das tobende Blut wieder seinen ruhigen Lauf fortsetzt. So der Leichtsinnige; er lebt lustvoll und freudig in die Welt hinein  … Im Walzer, wo der Tänzer, sein Mädchen umschlingend, durch die Reihen hinfliegt, sieht man der jugend- lichen Liebe heiteres Bild. Zwey Liebende, sich selbst genügend, durch Amors Rosenbande an einander gekettet, walzen froh durch’s Leben hin, bis sie im ernsten Polonaisen-Schritte der Ehe den Tanz endigen. Wie die rasende Galoppe die Tänzer unaufhaltsam fortjagt,  … so treiben die Menschen die Leidenschaften im unendlichen Kreise, und er kann sich nicht aus dem Wirbel heraus reißen,  … bis er für alle Genüsse des reinen Vergnügens abgestumpft ist. Des Alters sorgliche Vorsichtigkeit zeigt uns die steife Menuette. Des Cottillons sinnreiche Touren sind der Spiegel unseres Lebens; bald ist im Wechseltanz einer der Erste, der im nächsten Augenblicke der Letzte ist  … Die große Raststunde76 ist das Grab.“ (A. Rosa)77 Tanzmeister Je breiter die Gesellschaftsschicht war, die sich dem Tanzvergnügen hingab, desto höher war der Bedarf an Tanzlehrern78, die einem zumindest die Grundschritte beibringen konnten. Der Tanzlehrer im Wien der Dreißigerjahre des 19. Jahrhunderts hatte nur wenig mehr gemein mit dem Tanzmeister am französischen Hof Marie Antoinettes. Tanzschulen führten in die neuesten Modetänze ein, sorgten sich aber auch um Mode und Anstand. Stubenmädchen und Kammerdiener waren das typische Publikum, aber auch manch höher gestellte Herr kam anonym dorthin, um sich bei seinen nächtlichen Tanzabenteuern nicht gar zu sehr zu blamieren. Tanzmeister hatten noch eine weitere wichtige Funktion: ihnen oblag die Ordnung der Ballveranstaltun- gen. In jeder Ballankündigung wurden ihre Namen erwähnt, sie sorgten für die Abfolge der Tänze und für das Arrangement der Gesellschaftstänze. Der Veranstalter (der in dieser Eigenschaft für die Verkös- tigung sorgte), der Leiter der Tanzkapelle und der Tanzmeister bildeten das Dreigestirn, das für einen gelungenen Abend zu sorgen hatte. Die am häufigsten genannten waren Rabel, Webersfeld (er war auch Tanzlehrer der ungarischen Leibgarde) und Rabensteiner. 75 Der Wanderer, 1. u. 2. 10. 1840 (gekürzt). 76 In jeder Ballveranstaltung gab es eine größere Pause, welche in den gedruckten Programmen mit „große Raststunde“ bezeich- net wurde (Anm. d. Verf.). 77 Der Wanderer, 25. 1. 1826. 78 Eine ausführliche Darstellung bietet Witzmann a.a.O. S. 18ff.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Title
Joseph Lanner
Subtitle
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Author
Wolfgang Dörner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Size
21.0 x 29.5 cm
Pages
752
Keywords
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Category
Biographien

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der Abkürzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. Flüchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. Abkürzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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