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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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68 Joseph Lanner – Leben und Werk Da die Quodlibets auf unmittelbar davor liegende Ereignisse (Uraufführungen von Opern oder Tanz- kompositionen von Kollegen wie Strauß Vater) reagierten, waren sie nicht auf eine längere „Lebensdauer“ oder gar für die Nachwelt konzipiert. Aber gerade diese „Gelegenheitswerke“ werfen ein bezeichnendes Licht auf die Gesamterscheinung Lanner. Die erhaltenen Autographe sind ebenso sorgfältig geschrieben wie seine großen Walzer, die Zusammenstellung der Melodiezitate zeigt, dass Lanner ein gutes Gespür für Ausgewogenheit und Kontraste hatte. Vor allem aber präsentiert Lanner sich hier als ein Meister der Effekte: die unmittelbare Wirkung auf das Publikum steht über einer kunstvollen Verknüpfung oder gar thematischen Verarbeitung des Materials. Kühl kalkuliert Lanner den Wiedererkennungseffekt (wobei er seine eigenen Werke selbstbewusst neben Großmeister der Klassik und Zitate der aktuellen Opernpro- duktion stellt), lässt lyrische sich mit dramatischen Szenen abwechseln und legt alles auf die letzte große Schlusssteigerung an, die den Zuhörer mit offenem Mund ob des unerhörten Spektakels zurücklässt. Ein Blick auf die Werkliste Johann Strauss Vater zeigt ein ähnliches Bild wie bei Lanner. Über den Stel- lenwert der Strausschen Potpourris ist ein kurioser Streit unter den Straussforschern entbrannt, der ein bezeichnendes Licht auf die unterschiedliche Beurteilung des Potpourris an sich wirft. „Mit Recht hat Strauß Sohn die Potpourris nicht in die Gesamtausgabe der Werke seines Vaters aufgenommen  …“, stellt Max Schönherr205 fest, dem hält Norbert Linke entgegen: „  … dass die Mitberücksichtigung dieser Opus- werke unverzichtbar ist.“206 Strauss Vaters erstes Potpourri entstand – wohl nicht zufällig – im gleichen Jahr wie Lanners „Erstes Quodlibet“, nämlich 1828. „Der unzusammenhängende Zusammenhang“, op. 25 von Strauss Vater vereint Melodien von Auber, Bellini und Weber mit Eigenzitaten aus kurz zuvor entstandenen, bereits populären Werken wie dem „Kettenbrückenwalzer“ und den „Erinnerungs-Galoppen“. Das zwei Jahre später entstandene Potpourri „Wiener Tagesbelustigung“ spielt auf die unterschiedlichen Attraktionen an, die ein Wiener im Prater, im Wachsfigurenkabinett oder in den diversen Wirtshäusern seiner Heimat- stadt bestaunen konnte. Erneut werden Melodien populärer Opern der damaligen Theaterlieblinge Bellini und Rossini eingebaut, unterhaltende Effekte wie ein virtuoses Flötensolo, eine Drehorgel und ein Post- hornruf leiten zum furiosen Finale mit „Trompetenruf“, „Schlachtcoda“ und einer Kanonade. In der Ver- lagsanzeige („Wiener Zeitung“ vom 29. 9. 1830) preist Haslinger das „Zweyte neueste Potpourri“ an: „Dies ist das neueste, sehr gelungene, und allgemein beliebte Potpourri, welches Herr Strauss in Wiens öffentli- chen Erlustigungsorten vortrug, und noch vorträgt. Es zeichnet sich durch eine ganz besondere, mit den Wiener Eigenthümlichkeiten übereinstimmende Lebendigkeit, so wie durch glückliche Zusammenstellung der einzelnen Piecen aus.“ Ein Jahr später folgt „Musikalisches Ragout“, mit diesem Titel spielt Strauß (ob der Titel von ihm stammt oder von seinem geschäftstüchtigen Verleger Haslinger, lässt sich mit letzter Be- stimmtheit nicht klären) auf die französische Herkunft des „Potpourris“ an, die Ironie ist offenkundig, der Inhalt des wüsten Stückes rief heftige Reaktionen in der Kritik hervor. Dennoch dürften diese Potpourris auch ein geschäftlicher Erfolg gewesen sein, immerhin kündigt Haslinger in der Erstanzeige dieses Werkes („Wiener Zeitung“, 18. 8. 1831) erneut die ersten beiden Potpourris an. 1839 folgt „Musikalischer Telegraph“, in welchem sich Strauß geradezu seriös gibt: über weite Strecken dominieren Melodien italienischer Opern. Neben Lanner und Strauß wurden Quodlibets und Potpourris auch von anderen Tanzkomponisten ver- fasst, stellvertretend sei Franz Ballins Quodlibet „Musikalisches Durcheinander“ genannt, welches bei einer Veranstaltung im Colosseum 1841 aufgeführt wurde.207 Wer über solche plakativen auf unmittelbare Wirkung abzielenden Tondichtungen die Nase rümpft, soll- te bedenken, dass Komponisten aller Epochen sich auf diesem Gebiet betätigt haben. Mozart schrieb als Kind ein „Quodlibet“, Beethovens „Pastorale“ überraschte das Uraufführungspublikum mit originellen Orchestereffekten, vor allem in der Gewitterszene. Schlachtenmusiken bilden ein eigenes Genre, Beispiele gibt es von Beethoven bis Ippolitov-Ivanov. Beethovens „Wellingtons Sieg“ war ein beliebtes Stück bei Freiluftveranstaltungen, so führte etwa das Musikkorps der Hoch- und Deutschmeister unter Morelly 205 Max Schönherr, Karl Reinöhl, Johann Strauss Vater, London-Wien-Zürich 1954. 206 Norbert Linke, Lanners Werke ohne Opuszahl, in: Katalog zur Lannerausstellung Musiksammlung der Wiener Stadt- und Landesbibliothek, Wien 2001. 207 „Wiener Zeitung“, 21. 5. 1841.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Title
Joseph Lanner
Subtitle
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Author
Wolfgang Dörner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Size
21.0 x 29.5 cm
Pages
752
Keywords
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Category
Biographien

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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