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Instrumentation
Vergrößerungen – insbesondere chorische Besetzung der als solistisch konzipierten Streicherstimmen –
findet sich hingegen bereits in seinen Anfängen. Für besondere Anlässe musste das Orchester verstärkt
werden, worauf in Anzeigen gerne Bezug genommen wurde (siehe auch oben).
Die Orthographie der Instrumentenbezeichnung wechselt ständig, Rechtschreibung dürfte nicht die Stärke
der Kopisten gewesen sein. Mitunter führt dies zur Verwirrung, wenn ständig von „Fagoti“ gesprochen
wird, wo nur eine Stimme notiert ist. Authentische AuffĂĽhrungen erlebt man bei Lanner leider nur selten,
die Originalklangbewegung, die sich barocken und klassischen Komponisten mit Hingebung widmet, ist
bei Lanner und StrauĂź noch nicht angekommen.
Eine Ăśbersicht ĂĽber alle von Lanner verwendeten Orchesterinstrumente zeigt folgendes Bild (die Rei-
hung entspricht der modernen Partituranordnung):
1. Holzbläser
a. Flöte/Piccolo: mit Ende des 18. Jahrhunderts wandelte sich die Flöte hin zum romantischen Klang-
ideal, welches das gesamte 19. Jahrhundert prägte. Von Beginn an hat sie einen festen Platz im Lan-
nerschen Orchester. Zunächst ist sie solistisch besetzt, bald erfolgt der Einsatz von Piccolo (der Spieler
wechselt zwischen den beiden Instrumenten). Später wird die Besetzung vergrößert auf zwei Spieler,
wobei eine Flöte mit Piccolo abwechseln kann (die Schreibweise kann sowohl „Piccolo“ als auch
„Picolo“ sein, manchmal Ottavino). Die Doppelbesetzung ist aber nicht Standard. Die Flötenpartien
sind durchwegs virtuos gehalten, neben gewöhnlichem Collapartespiel oder Oktavkoppelungen mit
der 1. Violine finden frĂĽh sich solistische Passagen.
b. Oboe: das 19. Jahrhundert brachte die Krise der Oboe. An den technischen Entwicklungen hatte sie
wenig Anteil, als Soloinstrument wurde sie nicht mehr mit VirtuosenstĂĽcken bedacht, ihr Platz war
im Orchester. Im Gegensatz zur klassischen, sinfonischen Musik, in welcher die Oboe fixer Bestand-
teil war (die frühen Haydnsinfonien haben zwei Oboen und zwei Hörner als Bläserbesetzung), ist
die Oboe in der Tanzmusik zunächst wenig gebräuchlich. Im „Zweiten beliebten Wiener Quodlibet“
op.Â
22 taucht die Oboe erstmals auf, da es sich nicht um ein Tanzwerk handelt, kann man annehmen,
dass Lanner für ein Konzert einen zusätzlichen Spieler verpflichtete, um die durch die Verwendung
der Rossini- und Paganiniabschnitte erforderliche Instrumentierung durchführen zu können (da die
Stimmen zu den beiden anderen Quodlibets dieses Jahres nicht erhalten sind, kann nicht gesagt wer-
den, ob dort ebenfalls eine Oboe zum Einsatz kam. Für die Tanzmusik der Jahre 1825–29 kann dies
aber ausgeschlossen werden). Dann verschwindet das Instrument wieder und kehrt erst 1829 in der
„1.Â
Lieferung der Neuen Redout-Carneval-Tänze“ op. 30 wieder. Zwar existiert nur eine nicht signier-
te Stimmenabschrift, doch dürfte diese authentisch sein. Lanner war 1829 zum „Musikdirektor der
k.k. Redoutensäle“ ernannt worden, op. 30 dürften somit seine ersten für den neuen Saal geschriebe-
nen Tänze gewesen sein. Es ist gut möglich, dass Lanner für den großen Saal und die festliche Umge-
bung ein großes Orchester aufbieten wollte, da die Gesamtbesetzung ungewöhnlich groß ist. In den
folgenden Tänzen kehrt Lanner zur Standardbesetzung ohne Oboe zurück, op. 33 („Flora-Walzer“),
von welchem Stimmenabschriften von StrauĂź Vater sich erhalten haben, wechselt die zweite Klarinet-
te auf Oboe (StrauĂź schrieb die gesamte Stimme als ein Notenexemplar, so dass die Oboenabschnitte
auch vom Klarinettisten ausgefĂĽhrt werden konnten, falls er kein solches Instrument zur VerfĂĽgung
hatte oder es nicht spielen konnte). Ab op. 34 finden sich fallweise Oboen (immer solistisch besetzt),
zur Regel werden sie erst viel später. Stimmensätze aus der Zeit nach Lanner ergänzen gerne Oboen
dort, wo Lanner sie nicht vorgesehen hatte. Diese Ergänzungen sind Bearbeitungen und haben mit
Lanners Klangvorstellung nichts gemein (solche Ergänzungen wurden für andere Bläser wie Fagotte
etc. ebenfalls vorgenommen, siehe dort).
c. Klarinetten: Klarinetten sind integraler Bestandteil jeder Tanzmusikformation dieser und späterer
Zeit. Selbst in kleinsten Ensembles fehlen sie selten, als „pieksüßes Hölzl“ sind sie aus der Schram-
melmusik nicht wegzudenken. In den frĂĽhesten erhaltenen Stimmenabschriften waren von Anbeginn
zwei Klarinettenpartien vorgesehen, in der Regel in unterschiedlichen Stimmungen. Die erste Klari-
nette wurde in hoher Stimmung (bei Kreuztonarten gerne in E, seltener in D oder in C, in Extremfäl-
len sogar in G, bei B-Tonarten in Es oder F, manchmal in C), die zweite in einer der gebräuchlichen
Joseph Lanner
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Title
- Joseph Lanner
- Subtitle
- Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
- Author
- Wolfgang Dörner
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-78793-8
- Size
- 21.0 x 29.5 cm
- Pages
- 752
- Keywords
- Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
- Category
- Biographien
Table of contents
- Vorwort 7
- Danksagung 9
- Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
- Biographische Notizen 13
- Reisen 16
- Beginn – Werden – Sein 21
- Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
- Tanz 28
- Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
- Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
- Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
- Publikum 44
- Werke 46
- Instrumentation 69
- Formen 79
- Notenmaterialien 86
- Widmungsträger 95
- Titel 97
- Verlage 100
- Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
- Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
- Virtuosentum 106
- Romantik – Biedermeier 108
- Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
- Rezension – Rezeption 113
- FlĂĽchtige Lust 115
- Literatur 117
- I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
- II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
- III. Sammelwerke und diverse Werke 717
- IV. Anhang