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Joseph Lanner - Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
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83 Formen „Die Werber“, 1835 entstanden (entweder bereits in Pesth uraufgeführt oder nach Lanners Rückkehr nach Wien) sind ein beeindruckendes Beispiel für das hohe Niveau, das Lanner in der Orchesterbehandlung erreicht hatte, aber auch für die Sicherheit, mit welcher er eine großräumige Exposition zu gestalten wusste. Erste Geigen alleine heben piano mit drei Achtel Auftakt an, gefolgt von zweiten Geigen und Bratschen in Terzen, es entwickelt sich ein zarter Dialog, der seinen Reiz durch die Unbestimmtheit der Tonart – scheinbar A-Dur, aber es könnte auch Fis-Moll sein, die Tonart, in der dann tatsächlich das erste Walzerthema steht – erhält ebenso wie durch die Unbestimmtheit der Taktart – es könnte der Dreiviertel- takt des Walzers sein oder ein Sechsachteltakt (Beispiele wie diese zeigen, wie weit Interpretation eingreift in das gewollte oder ungewollte Verwirrspiel des Komponisten: es liegt in der Hand der Musiker, wie sie phrasieren). Jäh wird die trügerische Idylle unterbrochen, ein heftiger Akkord im 8.  Takt, verminderter Septakkord, tutti, Akzent schreckt den Zuhörer auf (wer dächte nicht an Haydns „Paukenschlagsinfonie“ – solche Effekte waren an der Tagesordnung), zwei Takte Kadenz leiten über zu einem völlig eigenstän- digen Teil, wie er in dieser Ausdehnung in einer langsamen Walzereinleitung bis dahin unbekannt war. Ein scharf rhythmisiertes Motiv der Holzbläser über einer durchgehenden Achtelbewegung der Streicher weckt Marschassoziationen, setzt die Eigenheit der ungarischen Sprachbetonung (immer auf die erste Silbe) durch die Rhythmusfolge zwei Sechzehntel-eine Achtel in Musik um. Anklänge an das Finale der „Eroica“, das seinerseits im Vérbunkos-Motiv sich am ungarischen Volkston bedient, lassen sich ebenso finden wie Gedanken an ritterliches Werben zulässig sein dürften. Instinktiv hatte Lanners Publikum das Neue, Eigenartige an seiner Tonsprache erkannt, „Die Werber“ wurden sofort in ihrer Bedeutung erfasst. Nicht zuletzt die Introduktion, die durch unterschiedlichste Gefühlsebenen führt, ehe sie ins traditionelle Walzergeschehen mündet, war für den durchschlagenden Erfolg verantwortlich. Lange, sorgfältig ausgearbeitete Introduktionen bieten „Walzer“ op. 110, „Walzer“ op. 111 und „Hymens Feierklänge“ op. 115. Gemeinsam ist dieser Gruppe, dass sie Königen (op. 110 Ferdinand II., op. 115 Maria Theresia) bzw. op. 111 Erzherzogin Maria Ludovica gewidmet sind. Dem Widmungsträger von op. 110, König von Sizilien, wird mit einem „siciliano-Thema“ gedacht. „Die Haimbacher“ op. 112 sind ein weiteres Beispiel, wie Anlass und Titel in Musik gesetzt werden: die lange Einleitung, im pastoralem Stil gehalten, wird von einer ländlichen Melodie im „Andante languido“ geprägt. Dramatisch geht es hingegen in „Prometheus Funken“ op. 123 zu: das Züngeln des Feuers wird ebenso hörbar wie die Klage des bestraften Gottes. Martialisch zeichnet Lanner die „Osmanen“ op. 146, in den „Soldaten-Tänzen“ op. 173 (der königlichen ungarischen Leibgarde gewidmet) wird marschiert, im „Hexen-Tanz“ op. 203 entfesselt Lanner eine mittlere Walpurgisnacht, ehe er in einen weit harmloseren Walzer auflöst. „Pesther“ und „Romantiker“ kreieren einen Einleitungstypus, der sich später bei Strauß Sohn („Wein, Weib und Gesang“) wieder findet: abgeschlossene Teile, die an die frühen Sinfonien Haydns denken lassen, wo aus langsamen Einleitungen ganze eigenständige Sätze werden konnten (z. B. Sinfonie f-Moll HV I/49 „La Passione“). Von ganz anderem Charakter ist die Introduktion, die Lanner den „K.K. Kammerballtänzen“ op. 177 voranstellt. Die Leitung der jährlichen Hofbälle war eine Krönung in Lanners Laufbahn, und auch wenn der genannte Walzer nicht bei einem dieser Bälle uraufgeführt wurde, so trägt er alle Charakter- züge eines rauschenden Festballes am Kaiserhof in sich. Eröffnet wird das Werk mit dem Polonaisen- rhythmus in den Blechbläsern – ein Hinweis auf den Eröffnungstanz jedes großen Balles, der Polonai- se, zu deren Klängen die Paare in den Saal zogen (Mozart eröffnet ganz ähnlich seinen Zyklus „Drei Menuette“ KV 363). Bereits op. 170 „Maskenbilder“ eröffnet mit einem „Tempo di Polacca“. Der Titel erinnert ähnlich wie op. 177 an die Bälle in den Redoutensälen, dort wurden alljährlich Maskenbälle abgehalten. Walzer ohne Introduktion finden sich in den mittleren und späten Werken Lanner so gut wie keine. Eine Ausnahme bildet „Orpheus-Klänge“ op. 126. Die als Fortsetzung der „Olymps-Walzer“ konzipierte Wal- zerkette stellt dem ersten Walzer lediglich eine viertaktige Einleitung voran.
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Joseph Lanner Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
FWF-E-Book-Library
Title
Joseph Lanner
Subtitle
Chronologisch-thematisches Werkverzeichnis
Author
Wolfgang Dörner
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2012
Language
German
License
CC BY-NC-ND 3.0
ISBN
978-3-205-78793-8
Size
21.0 x 29.5 cm
Pages
752
Keywords
Joseph, Lanner, list of works, waltz, Vienna, danse, Joseph, Lanner, Werkverzeichnis, Walzer, Wien, Tänze
Category
Biographien

Table of contents

  1. Vorwort 7
  2. Danksagung 9
  3. Verzeichnis der AbkĂĽrzungen 10
  4. Biographische Notizen 13
  5. Reisen 16
  6. Beginn – Werden – Sein 21
  7. Vorläufer – Mitläufer – Nachfolger 23
  8. Tanz 28
  9. Bälle – Tanzstätten – Aufführungsorte 32
  10. Solisten – Ensemble – Kapelle – Orchester 39
  11. Akademie – Assemblée – Conversation – Piquenique – Réunion 42
  12. Publikum 44
  13. Werke 46
  14. Instrumentation 69
  15. Formen 79
  16. Notenmaterialien 86
  17. Widmungsträger 95
  18. Titel 97
  19. Verlage 100
  20. Quellen – Bibliotheken – Sammlungen 101
  21. Funktionalität – Autonomie – Interpretation 102
  22. Virtuosentum 106
  23. Romantik – Biedermeier 108
  24. Strahlender Stern – leuchtender Stern 112
  25. Rezension – Rezeption 113
  26. FlĂĽchtige Lust 115
  27. Literatur 117
  28. I. Gedruckte und mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Vorwort 119
    2. Verlage 123
    3. AbkĂĽrzungen 123
    4. Bisherige Verzeichnisse 125
    5. Werkverzeichnis
    6. Opus 1 – 208 127
  29. II. Nicht mit Opuszahlen versehene Werke
    1. Werkverzeichnis Anhang 1 – 90 e 605
  30. III. Sammelwerke und diverse Werke 717
  31. IV. Anhang
    1. Verzeichnis der Werke Joseph Lanners in alphabetischer Reihenfolge 721
    2. Widmungsträger 737
    3. August Lanner. Chronologisch-Thematisches Werkverzeichnis 739
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