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Ladungsabhängige Strukturunterschiede von kleinen Bismutclustern 87
Abhängig von der elektronischen Konfiguration der Bismutcluster (±2 Elektronen) er-
geben sich aber bedeutsame Unterschiede. Für die Clustergrößen aus zehn, zwölf und
13 Atomen existieren ungleiche Konnektivitäten. Lediglich die Cluster Bi11−/+ und
Bi14−/+ können einer äquivalenten Struktur zugeordnet werden, wobei die anionischen
Cluster höhere Symmetrie aufweisen. Diese höhere Symmetrie kann durch die skalarre-
lativistische Behandlung ohne Spin-Bahn-Effekte bedingt sein, die in der zweikompo-
nentigen DFT-Rechnung für kationische Cluster berücksichtigt wurden, könnte aber
auch ladungsinduziert sein. Zweikomponentige Rechnungen von anionischen Struktu-
ren sollten dies abklären können.
Das Wachstum negativ geladener Bismutcluster lässt sich im einfachen Bild der Additi-
on einzelner Atome verstehen. Ausgehend von einer Bi8-Einheit im Bi8− können die
Strukturen bis Bi12− auf diese Weise konstruiert werden. Die Struktur des Bi13−-Clusters
ist im Unterschied dazu nur durch ein Umlagern eines weiteren Atoms zu erzeugen,
oder alternativ durch Addition eines Dimers Bi2 (an Bi11−) bzw. Tetramers Bi4 (an Bi9−)
an kleinere Bismutcluster formbar. In weiterer Folge der Reihe bis Bi15− stößt man er-
neut auf atomares Wachstum ohne globale Strukturänderung. Die positiv geladenen
Bismutcluster zeigen eine komplexere Strukturbildung, die nicht irgendwie in einem
einfachen Wachstumsprozess gedeutet werden kann.
Durchgängig bewahrheitet sich, dass für kationische Cluster unter den experimentellen
Bedingungen (Temperatur: 95K) in mehreren Fällen zwei Isomere vorgefunden werden.
Die berechneten relativen Energien des zweiten Isomers liegen zwischen +0,04 eV und
+0,16 eV. Das Hauptisomer entspricht dabei stets dem berechneten Grundzustand, was
auf eine gute Übereinstimmung von Theorie und Experiment hindeutet. Die Untersu-
chung des Temperatureinflusses auf die Gleichgewichtsstruktur des Clusters zeigte im
Falle von Bi11+, dass nach Erhöhen der Temperatur des Thermalisierungsgases von 95K
auf 300K ausschließlich das energetisch günstigere (kompakte) Strukturisomer verblieb.
Gleichzeitig trat eine Fragmentation unter neutralem Tetramerverlust Bi11+ → Bi7+ + Bi4
auf. Das in Abbildung 71 skizzierte Energiediagramm bietet einen möglichen Deu-
tungsversuch der Ergebnisse an. Obwohl das energetisch günstigere Isomer 0,12 eV
unterhalb der zweiten gefundenen Struktur liegt, ist die thermodynamisch getriebene
Isomerisierung aufgrund der hohen Energiebarriere (1) gehemmt. Stattdessen existiert
ein energetisch günstigerer Zerfallskanal (2) oder (3). Das Aufheizen der Cluster führt
zur Fragmentation, bevor die Isomerisierung eintreten kann. Da neutrale Bi4-Cluster das
System verlassen und nicht weiter in Form eines Clusterdampfs verfügbar sind, wird
experimentell kein thermodynamisches Gleichgewicht mehr wie bei ihrer Entstehung
erreicht. Die Fragmentationsbarrieren beider gefundenen Clusterstrukturen müssten sich
signifikant unterscheiden, sodass die im 300K Experiment thermisch hinzugefügte
Energie lediglich zur Fragmentation eines der Isomere führt. Im Falle des prolaten Iso-
mers ist bereits eine Tetramerstruktur präorganisiert, was eine (nahezu) barrierefreie
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Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Title
- Aufklärung der Struktur von Metallclusterionen in der Gasphase mittels Elektronenbeugung
- Author
- Thomas Rapps
- Publisher
- KIT Scientific Publishing
- Date
- 2012
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-86644-878-0
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 390
- Keywords
- Elektronenbeugung, Nano-Metallcluster, Gasphase, massenselektiv, Strukturbestimmung
- Categories
- Naturwissenschaften Chemie
Table of contents
- Abstract
- 1 Einleitung 1
- 2 Elektronenbeugung in der Gasphase (GED) 5
- 3 Das TIED-Experiment 15
- 4 Heuristik der Clusterstrukturfindung 35
- 5 Strukturen von Metallclusterionen 45
- 5.1 Kleine Käfigstrukturen magnetisch dotierter Goldcluster (M@Aun−, M = Fe, Co, Ni; n = 12–15) 45
- 5.2 Ladungsabhängige Strukturunterschiede von kleinen Bismutclustern 68
- 5.3 Palladiumcluster (Pdn−/+, 13 ≤ n ≤ 147) 91
- 5.4 Wasserstoffadsorptionseigenschaften von massenselektierten Palladiumclustern 128
- 5.5 3d-/4d-/5d-Übergangsmetallcluster aus 55 Atomen 152
- 5.6 Strukturelle Entwicklung später Übergangsmetallcluster (Co, Ni, Cu, Ag) 184
- 6 Der Temperatureinfluss auf die Gleichgewichtsstruktur von Metallclusterionen 205
- 7 Statistische Untersuchungen zur Datenanalyse 259
- 8 Zusammenfassung und Ausblick 273
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- A.1 Entwicklung der Clusterstruktur verschiedener Elemente der Gruppe 14 (Si, Sn, Pb) 279
- A.2 Schmelzen des Clusters Pb55− 283
- A.3 Der Zinncluster Sn13+ 379 286
- A.4 Strukturmotiv von Clustern des bcc-Elements Tantal 288
- A.5 Thermisch induzierte Oberflächenrekonstruktion beinahe geschlossenschaliger Silbercluster (Ag55±x−, x = 1–2) 290
- A.6 Möglicher Strukturübergang bei Silberclusterionen (Agn−, n = 80–98) 295
- A.7 Reine Goldcluster größer 20 Atome 296
- Anhang B: Apparative Entwicklung 305
- Anhang C: Einfluss der Fallengeometrie auf große Streuwinkel 311
- Anhang D: CNA-Analyse des zehnatomigen Strukturensembles 313
- Anhang A: Beugungsdaten weiterer Metallclusterionen 279
- Abbildungsverzeichnis 321
- Tabellenverzeichnis 331
- Literaturverzeichnis 333