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zurück. Eine legale, komfortabel zu nutzende Download-Alternative
war damals für die Musikindustrie undenkbar.Anscheinend glaubte
sie, ihr Problem mit MP3 einfach aussitzen zu können. Selbst als
Napster in kürzester Zeit Millionen von Nutzern anlockte und es of-
fensichtlich wurde,daß eine enorme Nachfrage nach Musik im MP3-
Format bestand, gab die Musikindustrie ihre ablehnende Haltung
nicht auf. Sie überzog Napster mit Urheberrechtsklagen, ohne den
Nutzern eine legale Alternative anbieten zu können.
Den ersten Schritt wagte damals der in diesem Punkt weitsichtige
Chef des Medienkonzerns Bertelsmann,Thomas Middelhoff.Am 31.
Oktober 2000 meldete der Medienriese seine Kooperation mit Nap-
ster.42 Er wollte endlich der MP3-Nachfrage mit einem legalen An-
gebot gerecht werden. Das Ziel der Zusammenarbeit war es, Musik
aller großen Plattenfirmen über Napster zu vertreiben.
Die Plattenfirmen verweigerten Bertelsmann jedoch die Rechte an
ihrer Musik. Sie zeigten sich mißtrauisch gegenüber einem legalen
Downloadportal und stritten über Kopierschutzverfahren und die
Höhe ihrer Anteile. Über viele Monate hinweg wurden Verhandlun-
gen geführt, doch zur Enttäuschung Middelhoffs kam es zu keiner
Einigung. Schließlich mußte Napster Insolvenz anmelden. Bertels-
mann hatte zu diesem Zeitpunkt etwa 90 Millionen Dollar in die Ko-
operation investiert. Mit dem Untergang von Napster trat auch
Middelhoff von seinem Posten zurück.Der Versuch,ein umfassendes
und kostenpflichtiges Downloadportal aufzubauen, endete somit in
einem Desaster. Die Industrie verpaßte ihre erste Chance, Millionen
illegale Nutzer in zahlende Kunden zu verwandeln.
Trotzdem hatte Bertelsmann mit diesem Schritt den Plattenfirmen
zu denken gegeben. Als die Zeit drängte und der MP3-Tausch nicht
mehr zu stoppen war, erklärten sich die Plattenfirmen dazu bereit,
mit legalen Angeboten die Nachfrage zu befriedigen.Anfang Dezem-
ber 2001 startete das Downloadportal MusicNet von Warner, BMG
und EMI. Zwei Wochen später gaben Sony und Universal den Start-
schuß für ihr gemeinsames Portal pressplay.
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No Copy
Die Welt der digitalen Raubkopie
- Title
- No Copy
- Subtitle
- Die Welt der digitalen Raubkopie
- Authors
- Jan Krömer
- Evrim Sen
- Publisher
- Tropen Verlag
- Location
- Leipzig
- Date
- 2007
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 2.0
- ISBN
- 3-932170-82-2
- Size
- 13.9 x 19.0 cm
- Pages
- 314
- Keywords
- Raubkopie, Werk, Digitalisierung, Vervielfältigung, Privatgebrauch
- Categories
- Medien
- Recht und Politik
Table of contents
- 1. DIE GESCHICHTE DER SCHWARZKOPIE
- 2. KOPIE DER KOPIE DER KOPIE
- 3. ALL YOU CAN EAT
- 4. DIE KUNST DES CRACKENS
- 5. CRACKERETHIK
- 6. RAUB, KOPIE, PHILOSOPHIE
- 7. IM PARAGRAPHENDSCHUNGEL
- 8. DAS IMPERIUM UND SEINE REBELLEN
- 9. AUFRUHR IM SYSTEM
- NACHWORT 256
- INTERVIEWS
- GLOSSAR 279
- ANMERKUNGEN 290