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Vor 1918
Umkämpfte Kirche - Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
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178 Ungarisch-Kroatisches Küstenland nicht.21 Daher wurden die 1893 neu gedruckten Messbücher nicht in Mon- tenegro, sondern in den dalmatinischen, westkroatischen und istrianischen Bistümern verwendet.22 Der ungarische Banus von Kroatien-Slawonien, Károly von Khuen-Héderváry, berichtete, dass im Bistum Senj ca. 100 alt- slawische Messbücher aus Montenegro aufgekauft worden seien.23 Ähnliche Ankaufswellen wurden aus anderen Bistümern im Küstenland und Dalma- tien gemeldet. Der österreichisch-ungarische Botschafter am Hl.  Stuhl, Fried- rich Revertera von Salandra, sprach diesbezüglich sogar vom »Mißbrauch« (des Konkordates), was seiner Meinung nach »vorauszusehen« gewesen sei.24 Einige Messbücher gelangten nicht einmal nach Montenegro, sondern wur- den schon auf dem Weg dorthin abgezweigt. Das vatikanisch-montenegri- nische Konkordat eröffnete somit ungewollt und ungeplant die Möglichkeit der Wiederbelebung der in altslawischer Liturgiesprache gehaltenen Gottes- dienste in den »südslawischen Bistümern«25 der Donaumonarchie. Auch in den Dörfern von Lika-Krbava konnten die Pfarrer mit diesen neugedruckten Messbüchern mit der altslawischen Lesung der Messen  anfangen. Im  April 1894 hatte Jurij Posilović, der damalige Bischof von Senj, die alt- slawische Liturgiesprache in vielen dem Bistum angehörenden Pfarreien »als schönes Geschenk [des Papstes]« eingeführt, bevor er als Erzbischof nach Zagreb wechselte.26 Damit wurde eine vergessene Tradition im Interesse national- und kirchenpolitischer Ziele auf bischöfliche Anordnung wieder- belebt. Auch wenn die altslawische Liturgiesprache eine lange Tradition in der Region hatte,27 war sie allmählich zugunsten der gemischten, mit volks- sprachlichen und lateinischen Elementen gehaltenen Messe verschwunden. Indem Bischof Posilović in seinem Bistum die altslawische Liturgiesprache anordnete, wollte er diese illegale Praxis mit dem kirchenrechtlich aner- kannten Privileg der glagolitischen Messe ablösen und gleichzeitig das natio- 21 Smežik, The Glagolitic or Roman-Slavonic Liturgy, S.  116; Gottsmann, Papst Leo  XIII und die »jugoslawische« Versuchung, S.  467ff. 22 Gottsmann, Rom und die nationalen Katholizismen, S.  56. 23 Notiz über den Bericht von Khuen-Héderváry aus Zagreb (10.  Dezember 1893), in: ÖStA, HHStA, Slawische Liturgie, V/6, fol.  300. 24 Brief von Revertera an den gemeinsamen Außenminister, Gustav von Kálnoky (25.  November 1893), in: Ebd., fol.  253. 25 Die betreffenden Bistümer wurden in den diplomatischen sowie päpstlichen Berich- ten einfach als »südslawische Bistümer« beschrieben, wogegen Budapest öfters pro- testierte, Ungarn wollte auch den kleinsten Eindruck vermeiden, dass einige Gebiete der Donaumonarchie den Südslawen »zugesichert« wären; vgl.  u. a. Brief vom ungari- schen Kultusminister György Lukács [nur Namensverwandtschaft mit dem Philoso- phen György Lukács] an den gemeinsamen Außenminister Agenor Graf Goluchov- ski (1.  Dezember 1905), in: Ebd., Slawische Liturgie V/7, fol.  104f. 26 Hirtenbrief von Bischof Jurij Posilović, in: Katolički List, 26.  April 1894 [übersetzt aus dem Kroatischen von mir]. 27 Bogović, Povijest biskupije Senjske i Modruške, S.  23.
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Umkämpfte Kirche Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Title
Umkämpfte Kirche
Subtitle
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
Author
Péter Techet
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
Date
2021
Language
German
License
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35696-4
Size
15.9 x 23.5 cm
Pages
310
Keywords
Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
Categories
Geschichte Vor 1918

Table of contents

  1. Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
  2. Danksagung 13
  3. Vorwort 15
  4. 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
    1. 1.1 Thematische, räumliche und zeitliche Einordnung der Forschungsfrage 22
      1. 1.1.1 Forschungsfrage 22
      2. 1.1.2 Innerkatholische Gewaltmomente im Kontext der »Nationalitätenfrage« 23
      3. 1.1.3 Historiographie von Nation und Religion: Nationalismus oder nationale Indifferenz? 27
      4. 1.1.4 Räumliche Verortung 37
      5. 1.1.5 Zeitlicher Fokus 45
    2. 1.2 Methode und Konzepte 45
      1. 1.2.1 Mikrogeschichte mit vergleichender Kontextualisierung 45
      2. 1.2.2 »Identifizierung« 48
      3. 1.2.3 Gewalt 49
    3. 1.3 Quellenlage und Aufbau der Arbeit 52
      1. 1.3.1 Quellenlage 52
      2. 1.3.2 Aufbau der Arbeit 56
  5. 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
    1. 2.1 Imperium und Nation 61
      1. 2.1.1 Österreich als Rechtsordnung für seine Völker 61
      2. 2.1.2 Ungarn als Imperium der magyarischen Elite 66
    2. 2.2 Katholizismus und Nation 70
      1. 2.2.1 Unterschiedlicher Stellenwert des Katholizismus 71
      2. 2.2.2 Die Sprache der Liturgie: Glagoljica im oberadriatischen Raum 75
  6. 3. Österreichisches Küstenland 85
    1. 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
      1. 3.1.1 Istrien: Ethnische Vielfalt und religiöse Homogenität 90
      2. 3.1.2 Konfliktgeschichten: Angegriffene Priester, zerstrittene Kirchengemeinden 96
      3. 3.1.3 Konfliktanalyse: Nationalisierbare Konfliktlinien 115
      4. 3.1.4 Historischer Kontext: Supranationales Selbstverständnis der Kirche 122
    2. 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
      1. 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
      2. 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
      3. 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
      4. 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
    3. 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
  7. 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
    1. 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
      1. 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
      2. 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
      3. 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
      4. 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
    2. 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
      1. 4.2.1 Drenova: Kroatischsprachige Gemeinde in einem multiethnischen Raum 207
      2. 4.2.2 Konfliktgeschichte: Abwehr kirchlicher Einmischungen 212
      3. 4.2.3 Konfliktanalyse: Nationalistische Erwartungen aus der Stadt 227
      4. 4.2.4 Historischer Kontext: Staat / Stadt-Kirche-Konflikt in und um Fiume / Rijeka 231
    3. 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
  8. 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
    1. 5.1 Nationalitätenkonflikt? 242
      1. 5.1.1 Intraethnische Konflikte 242
      2. 5.1.2 Nationale und / oder religiöse Indifferenz? 246
    2. 5.2 Erfolgschancen der lokalen Akteure 250
      1. 5.2.1 Interessenartikulation in Österreich und Ungarn 250
      2. 5.2.2 Antihierarchische (soziale) Gewalt 253
  9. Ausblick 257
  10. Quellen- und Literaturverzeichnis 263
  11. Archivmaterial 263
  12. Bibliotheken 265
  13. Zeitungen 265
  14. Digitale Sammlungen 267
  15. Zeitgenössische Literatur 267
  16. Sekundärliteratur 268
  17. Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
  18. Personen 295
  19. Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
  20. Abkürzungen 299
  21. Register 301
  22. 1. Ortsregister 301
  23. 2. Personenregister 303
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