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260 Ausblick
erhalten blieb
– prägte auch nachwirkend die europäische Geschichte, indem
sich imperiale Ideen nach dem Zusammenbruch der europäischen Imperien
in die europäischen Einigkeitsideen übertrugen.11
✴
Wo befindet sich heutzutage das Küstenland? Auf der historiographischen
Topographie der europäischen (und besonders der deutschsprachigen)
Geschichtswissenschaft kann es nicht problemlos verortet werden. Weil
sich das Konzept vom »Zentraleuropa«12 – als einem posthabsburgischen
Zwischenraum zwischen West- und Osteuropa – in der deutschsprachigen
Geschichtswissenschaft kaum durchsetzte, scheint der (post)habsburgische
Raum inmitten der klassischen Ost-West-Aufteilung Europas zu liegen.13
Dass große Teile des ehemaligen Habsburgerreiches zu Ostmitteleuropa
(Südosteuropa) gehören, ist kaum umstritten.14 Es stellt sich aber die Frage,
welchem Raum etwa das heutige Österreich oder das heute italienische Triest
(und somit Teile meines Untersuchungsraumes) zuzurechnen sind. Gehören
sie zu »Westeuropa«, also nicht demselben historischen Großraum wie die
anderen Teile der ehemaligen Donaumonarchie? In meiner Arbeit deckte ich
folglich eine Mikroregion ab, die sich in der Gegenwart auf der mentalen
Grenze zwischen »Westeuropa« und »Osteuropa« (»Ostmitteleuropa«, »Süd-
osteuropa«) befindet.15 Johannes Feichtinger plädiert aber weiterhin für das
11 Siehe u. a. Dina Gusejnova, European Elites and Ideas of Empire, 1917–1957, Cam-
bridge 2019.
12 Siehe zu diesem Konzept u. a. Csáky, Die Ambivalenz des kulturellen Erbes,
S. 27–49; sowie ders., »Was man Nation und Rasse heißt, sind Ergebnisse und keine
Ursachen«. Zur Konstruktion kollektiver Identitäten in Zentraleuropa, in: Wolfgang
Müller-Funk u. a. (Hg.), Kakanien revisited. Das Eigene und das Fremde (in) der
österreichisch-ungarischen Monarchie, Tübingen / Basel 2002, S. 33–49; zur zusam-
menfassenden Überlegung im Hinblick auf »Zentraleuropa« siehe Moritz Csáky,
Das Gedächtnis Zentraleuropas. Kulturelle und literarische Projektionen auf eine
Region, Wien 2019.
13 Zur Frage der historiographischen Verortung von Ostmitteleuropa siehe
u. a. Philipp
Ther, Von Ostmitteleuropa nach Zentraleuropa. Kulturgeschichte als Area Studies,
in: Clio-Online. Themenportal Europäische Geschichte, URL: <http://www.europa.
clio-online.de/essay/id/artikel-3307> (15.10.2019).
14 Zu den Verortungsproblemen des ostmitteleuropäischen Zentraleuropas siehe u. a.
Catherine Horel, Cette Europe qu’ on dit centrale. Des Habsbourg à l’ intégration
européenne 1815–2004, Paris 2009, S. 13f., 262ff.; sowie zum konkreten Verortungs-
problem der Stadt Triest siehe Klabjan, Nicht Ost, nicht West.
15 Zum Verschwinden und gleichzeitigen metageographischen, erinnerungspolitischen
Heraufbeschwören von Zentraleuropa (Mitteleuropa) siehe Balázs Trencsényi,
Central Europe, in: Diana Mishkova / ders. (Hg.), European Regions and Bounda-
ries. A Conceptual History, New York / Oxford 2017, S. 166–187, hier S. 172ff.
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Umkämpfte Kirche
Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Title
- Umkämpfte Kirche
- Subtitle
- Innerkatholische Konflikte im österreichischungarischen Küstenland 1890–1914
- Author
- Péter Techet
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co
- Date
- 2021
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35696-4
- Size
- 15.9 x 23.5 cm
- Pages
- 310
- Keywords
- Kirche, Religion, Österreich, Kaiserzeit
- Categories
- Geschichte Vor 1918
Table of contents
- Bemerkung zu den Personen- und Ortsnamen 11
- Danksagung 13
- Vorwort 15
- 1. Einführung: Konzept, Verortung, Methode 19
- 2. Imperium, Nation und Katholizismus in der Habsburgermonarchie 59
- 3. Österreichisches Küstenland 85
- 3.1 Konflikte um die Nationalisierung des kirchlichen Raumes in Istrien 88
- 3.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Triest 126
- 3.2.1 Ricmanje: Slowenischsprachiges Dorf an der sprachkulturellen Grenze zu Triest 126
- 3.2.2 Konfliktgeschichte: Vom Kampf um die Pfarrei bis zum Kampf gegen die Kirche 130
- 3.2.3 Konfliktanalyse: Situative Identifizierungen auf mehreren Konfliktebenen 161
- 3.2.4 Historischer Kontext: Lokaler Widerstand gegen kirchliche Vereinheitlichung 165
- 3.3 Fazit: Konkurrierende und proaktive Selbstbehauptung ländlicher Katholiken 168
- 4. Ungarisch-Kroatisches Küstenland 171
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 4.1.1 Einführung der altslawischen Liturgiesprache in der ehemaligen Militärgrenze 174
- 4.1.2 Konfliktgeschichte: Lokaler Widerstand gegen die altslawische Liturgiesprache 182
- 4.1.3 Konfliktanalyse: Nationale Indifferenz oder antiserbischer Hass? 195
- 4.1.4 Historischer Kontext: Altslawische Sprache als nationales Thema 203
- 4.2 Kirchenstreit im ländlichen Hinterland der Hafenstadt Fiume / Rijeka 207
- 4.3 Fazit: Reaktiver Selbstschutz ländlicher Katholiken 236
- 4.1 Konflikte um und gegen die altslawische Liturgiesprache im Bistum Senj 174
- 5. Konfliktdynamiken: Nationale Nonkonformität und religiöse Peripherie 241
- Ausblick 257
- Quellen- und Literaturverzeichnis 263
- Archivmaterial 263
- Bibliotheken 265
- Zeitungen 265
- Digitale Sammlungen 267
- Zeitgenössische Literatur 267
- Sekundärliteratur 268
- Ortsnamen in den landesüblichen Sprachen 289
- Personen 295
- Verzeichnis von Abbildungen, Karten und Tabellen 297
- Abkürzungen 299
- Register 301
- 1. Ortsregister 301
- 2. Personenregister 303