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Ernst Lothar - Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
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4.3 Ein »starkfäustiger Ankläger« der Gesellschaft? Die erste Hälfte der 1930er Jahre, die, wie schon angedeutet, beruf iche Schwierigkei- ten für Lothar mit sich brachte, hielt aber auch Erfolgserlebnisse bereit: Zwei seiner Romane wurden während dieser Phase verfilmt, und ein weiteres Buch von ihm erschien, das Ende der 1940er Jahre ebenfalls für Kino und Fernsehen adaptiert wurde. Seit zumindest 1929 arbeitete Lothar an einem »Kinderroman« 140, dessen erstes Kapitel die Neue Freie Presse abdruckte 141 und der 1931 in einer Aufage von 10.000 Stück bei Zsolnay unter dem Titel Kleine Freundin erschien.142 Das Buch erzählt von der zwölfjährigen Felicitas Tagman, einem behüteten Einzelkind aus einer gut situierten Familie. Der Vater ist ein jüdischer Industrieller aus Brünn, die Mutter die nichtjüdische Josepha Mary Tagman. Die durch eine Affäre der Frau ausgelöste Ehekrise, die auf Scheidung hinausläuft, wird aus der Perspektive des Kindes beschrieben. Felicitas wird von ihren Eltern in deren Scheidungsprozess instrumentalisiert, gleichzeitig aber nicht ernst genommen bzw. über den Strei- tereien vergessen. Als das Mädchen vor Gericht aussagen muss, unternimmt es einen Selbstmordversuch. Das Kindermädchen kann es retten, die Eltern verta- gen die Verhandlung, bleiben zunächst zusammen, um Felicitas zu schonen. Der Roman endet nicht versöhn lich, sondern mit einer düsteren Vorahnung: Das Kind, den Kreisel im Arm, war tatsäch lich eingeschlafen. Seine regelmäßigen Atemzüge erfüllten den Raum. Dann zuckte die Hand, die den Kreisel hielt, schreck- haft in die Höhe, als wehrte sie etwas ab, die Lippen murmelten: »Nicht!« Dadurch hatte die Hand die Macht über den Kreisel verloren, der mit einem klingenden Laut zu Boden fiel. Schlafend hörte das Kind den schönen Klang, spürte, daß ihm etwas entglitten war, wollte es erhaschen. Da aber war das Glitzernde schon klingend weg- gerollt und ließ sich nicht mehr greifen.143 140 Vgl. Postkarte von EL an Richard Beer- Hofmann. Trins, 15. Juli 1930, Houghton Library, Harvard College Library, Harvard University, Cambridge, MA 02138: Amy Lowell fund, 68M-151, bMS Ger 183 (331). (Vgl. auch Neue Freie Presse, 25. 1. 1930, S. 9.) 141 EL: Erstes Kapitel des Kinderromans. In: Neue Freie Presse, 25. 12. 1929, S. 34 – 42. – Ein Jahr darauf veröffent lichte die Zeitung einen weiteren Auszug aus dem Roman (EL: Erstes Stelldich- ein. Aus dem Roman eines Kindes »Kleine Freundin«. In: Neue Freie Presse, 1. 11. 1930, S. 1 – 4.). 142 EL: Kleine Freundin. Roman einer Zwölfjährigen. 1.–10. Tsd. Hamburg, Wien: Zsolnay 1931. 407 S. – Im Oktober 1934 gab es eine Sonderausgabe von 4000 Exemplaren, der Roman wurde damit zu dem auflagenstärksten Werk Lothars. Vgl. Murray G. Hall: Der Paul Zsolnay Verlag, S. 350. 143 EL: Kleine Freundin. Roman einer Zwölfjährigen. Hamburg, Wien: Paul Zsolnay Verlag 1962 (Ausgewählte Werke/Ernst Lothar; Bd. 2), S. 372. Ein »starkfäustiger Ankläger« der Gesellschaft? 79 Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
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Ernst Lothar Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Ernst Lothar
Untertitel
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Autor
Dagmar Heißler
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-20145-8
Abmessungen
15.5 x 23.5 cm
Seiten
484
Schlagwörter
österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
Kategorie
Biographien

Inhaltsverzeichnis

  1. 1. Einleitung 9
  2. 2. Quellenlage 15
    1. 2.1 Primärquellen 15
    2. 2.2 Sekundärquellen 16
  3. 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
  4. 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
    1. 4.1 Kritiker und Kulturfunktionär 53
    2. 4.2 Gegenseitigkeitskorruption und »unerwünschtes Schrifttum« 63
    3. 4.3 Ein »starkfäustiger Ankläger« der Gesellschaft? 79
    4. 4.4 »Des Burgtheaters Sonntagsregisseur« 88
  5. 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
  6. 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
    1. 6.1 Emigrant 135
    2. 6.2 Eine »Österreichische Bühne« in New York 150
    3. 6.3 College-Dozent 174
    4. 6.4 »Amerikanischer« Bestsellerautor 193
    5. 6.5 Tätigkeiten in Exilorganisationen und Vorbereitungen zur Rückkehr nach Österreich 213
  7. 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
    1. 7.1 »Als Allgewaltiger in Wien«: Amerikanischer Kulturoffizier 243
    2. 7.2 »Literatur-, theater- und Österreich-belastet« 266
  8. 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
    1. 8.1 »Amerikanischer Söldling, Kommunist, Reinhardt- und Hofmannsthal-Schänder«? 293
    2. 8.2 Burgtheaterkrise und Salzburger Festspiele 311
    3. 8.3 Vorstandsmitglied des Wiener P. E. N.-Clubs, Ehrenmitglied der Concordia, Rücktritt als Salzburger Schauspielchef 321
  9. 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
    1. 9.1 Panorama eines österreichischen Schicksals 335
    2. 9.2 Ehrungsreigen 344
    3. 9.3 Der letzte Vorhang 361
  10. 10. Schluss 373
  11. Literaturverzeichnis 385
  12. Anhang 415
  13. Bibliographie Ernst Lothar 415
  14. Selbstständige Publikationen 415
  15. Unselbstständige Publikationen 421
  16. Inszenierungen 464
  17. Zeittafel 467
  18. Personenregister 473
  19. Werkregister 478
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