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8.3 Vorstandsmitglied des Wiener P. E. N.-Clubs,
Ehrenmitglied der Concordia,
Rücktritt als Salzburger Schauspielchef
Eine Anfrage, die nichts mit seinen Regiearbeiten zu tun hatte, sondern an
ihn als Schriftsteller adressiert war, erreichte Lothar im Frühjahr 1955. Absen-
der war das deutsche Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und
Kriegsgeschädigte. Walter Kleberg, der einer der vier Abteilungen des Minis-
teriums vorstand, die Fragen der Verwaltung, Presse, Kulturangelegenheiten,
der Kriegsgefangenen und Vermissten bearbeitete,155 wandte sich in Form
einer Filmautoren- Ausschreibung »an einen Kreis von Persön lichkeiten des
deutschen Schrifttums«. Der Abteilungsleiter wollte, um »die stoffreiche
ge schicht liche Problematik der in den letzten 10 Jahren erfolgten Austreibung
von über 18 Millionen Menschen aus ihrer angestammten ost- und südost-
deutschen Heimat auch mit Hilfe des Films im In- und Ausland aufzuzeigen«,
die Schaffung entsprechender Filme fördern. Das »Vertriebenenthema« habe
bisher auf dem Filmsektor nicht genügend Beachtung gefunden, Lothar möge
zu diesem Themenkomplex einen Manuskriptentwurf einreichen, für den er
ein Arbeitshonorar von 300 DM erhalten und im Gegenzug dem Ministerium
eine sechsmonatige Op tion auf die Verfilmungsrechte gewähren würde. Frei-
gestellt sei, ob Dokumentar-, Geschichts- oder Vortragsfilm, ob Spiel- oder
Kurzfilm. Anläss lich des Zehnjahresgedenkens würde es
dem Herzenswunsch unzähliger Menschen […] entsprechen, wenn sie durch die
künstlerischen Ausdrucksmittel des Films erleben würden, was sie, die Überleben-
den, empfinden, näm
lich Dankbarkeit: Dank der Heimatvertriebenen an die Einhei-
mischen, Dank der Einheimischen an die Heimatvertriebenen und ein notwendiges
Dankeswort aller zusammen an alle Helfer in der Welt und an Gott.156
Dass das Ministerium bei dieser Ausschreibung an Lothar dachte, hing mög-
licherweise mit seiner im Vorjahr veröffent
lichten Erzählung zusammen, mit der
er nach einer dreijährigen Schaffenspause erneut als Schriftsteller in Erscheinung
getreten war. Im Frühjahr 1954 brachte Zsolnay 5500 Exemplare von Lothars
155 Jochen Oltmer (Hg.): Migra tion steuern und verwalten, S. 309.
156 Brief von Walter Kleberg (Bundesministerium für Vertriebene, Flüchtlinge und Kriegsgeschä-
digte) an EL. Bonn, 28. Februar 1955. WBR, ZPH 922a.
Wiener P. E. N.-Club, Concordia, Salzburger Schauspielchef 321
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478