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7. 1946 – 1950: Rückkehr –
»… und in Lothars Lager war Österreich« 1
7.1 »Als Allgewaltiger in Wien«:
Amerikanischer Kulturoffizier
Mit dem Auftrag, die Interessen des amerikanischen Theaters und der ame-
rikanischen Musik in Österreich zu fördern sowie das künstlerische Leben
Österreichs zu rehabilitieren, kehrte Ernst Lothar nach Wien zurück.2 Ende
Mai 1946 stachen Lothar und Adrienne von New York aus in See, Anfang Juni
kamen sie in Le Havre an, wo die ersten Zeichen des Krieges auch für die
Heimkehrer sichtbar wurden. Die Stadt war unter deutscher Besatzung zum
größten Kriegshafen am Atlantik ausgebaut worden, die meisten Luftangriffe
der Alliierten hatten sich gegen sie gerichtet: 1945 war Le Havre der am stärksten
zerstörte Hafen Europas. Von Paris ging es mit dem Zug über die Sta tionen Basel,
Buchs, Feldkirch, St. Anton, Innsbruck, Kitzbühel, Salzburg, Enns und St. Pölten
nach Wien. Hier wurden sie am Westbahnhof von Adriennes Schwester Grete
Bukovics empfangen, die von Ende November 1944 bis Anfang April 1945 von
der Gestapo im Gefängnis in der Wiener Landesgerichtsstraße inhaftiert und
erst mit dem Einmarsch der Russen in Wien aus der Haft entlassen worden
war.3 Über seine ersten Eindrücke von der in vier Besatzungszonen aufgeteilten
Stadt berichtet Lothar:
Vor der Mariahilfer Straße ein großes weißes Schild mit aufgemaltem Sternen-
banner: »Entering US-Zone.« […] Schutt zwischen Verschontem, das Verschonte
rissig, armselig, Einschüsse in den Mauern, über den Erdgeschossen aufgemalte
Pfeile und Buchstaben: LSK, LSR.4 Nirgendwo Glas. Die Fenster mit Pappdeckel
verschalt, die Schaufenster mit Holz […]. Die wenigen Menschen, die man sah,
1 Brief von Friedrich Torberg an AG. o. O., 28. Februar 1947. WBR, ZPH 588.
2 »Hofrat Dr. Lothar kehrt zurück. Er wird Mitarbeiter der ISB«, meldete der Wiener Kurier
(21. 5. 1946, S. 8).
3 Adrienne Gessner schreibt, ihrer Schwester wäre kurz vor der Kapitula
tion gemeinsam mit einer
Leidensgenossin die Flucht aus der Roßauer Kaserne gelungen (Adrienne Gessner: Ich möchte
gern was Gutes sagen, S. 165).
4 LSK = Luftschutzkeller; LSR = Luftschutzraum.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478