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5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt –
Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 1
Nachdem Lothar seinem Leben sowohl beruf
ich als auch privat eine neue Rich-
tung gegeben hatte, bot sich ihm nach seiner gescheiterten Burgtheaterdirek tion
plötz
lich erneut die Mög lichkeit, eine Wiener Bühne zu leiten:
»Es ist unbedingt notwendig, daß Sie das Theater in der Josefstadt übernehmen!« Das
waren die Worte Max Reinhardts, die er […] dem völlig überraschten Hofrat Lothar
entgegenrief, als dieser Schloß Leopoldskron betrat. In der sommer lichen Stille seines
Besitzes in Morzg bei Salzburg arbeitete Hofrat Lothar an seinem jüngsten Werk,
als Max Reinhardts Auto vorfuhr und ihn auf Wunsch des Professors nach Schloß
Leopoldskron führte.
»An diese Worte Max Reinhardts knüpften sich Besprechungen«, so schildert […]
Lothar seine Berufung, »die drei Tage lang, besser gesagt, drei Nächte lang währten,
denn Professor Reinhardt liebt Besprechungen bei Nacht.« 2
Während der Salzburger Festspiele des Jahres 1935 fanden zwischen Max
Reinhardt und Ernst Lothar Unterredungen über die Nachfolge Otto Premingers
als Leiter des Theaters in der Josefstadt statt. Preminger hatte die Theaterdirek-
tion seit 1933 innegehabt, Ende Oktober 1935 legte er sein Amt nieder, um
dem Ruf Hollywoods zu folgen. Nachdem die Kandidaturen Rudolf Beers und
Ferdinand Riesers für den Posten nicht unproblematisch gewesen waren, nahm
Reinhardt die Verhandlungen mit Lothar auf. Am 11. August 1935 erreichten sie
eine »prinzipielle Einigung«, und Lothar erklärte sich bereit, die Leitung des
Theaters zu übernehmen.
Max Reinhardts Entscheidung, ihm die Direk tion seiner Wiener Bühne
anzuvertrauen, dürfte relativ spontan gefallen sein. Noch einen Tag, bevor es
zu einer Übereinkunft der beiden kam, meldeten die Zeitungen, dass genau
genommen nur Beer oder Rieser als Preminger- Nachfolger in Betracht kämen,
obschon es »eine Unzahl von mehr oder weniger bedeutsamen Außenseitern«
1 Brief von Carl Zuckmayer an Dorothy Thompson. Barnard, Vermont, 1. Oktober 1940. DLA,
HS000242360.
2 Wiener Sonn- und Montags- Zeitung, 19. 8. 1935, S. 7.
Open Access © 2016 by BÖHLAU VERLAG GMBH & CO.KG, WIEN KÖLN WEIMAR
Ernst Lothar
Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Ernst Lothar
- Untertitel
- Schriftsteller, Kritiker, Theaterschaffender
- Autor
- Dagmar Heißler
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-20145-8
- Abmessungen
- 15.5 x 23.5 cm
- Seiten
- 484
- Schlagwörter
- österreichischer Schriftsteller, unveröffentlichte Werke und Korrespondenz, literarische Einflüsse und Beziehungen, Rezeption, Emigration, Theater
- Kategorie
- Biographien
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 9
- 2. Quellenlage 15
- 3. 1890 – 1925: Literarische Nachwuchshoffnung 27
- 4. 1925 – 1935: »Einer jener Kritiker, die auch ein Stück Theaterdirektor sind« 53
- 5. 1935 – 1938: Theater in der Josefstadt – Max Reinhardts »rechte Hand und linker Fuß« 99
- 6. 1938 – 1946: Exil – »Emigrieren ist eine Sache für junge Menschen, die sich nicht erinnern« 135
- 7. 1946 – 1950: Rückkehr – »… und in Lothars Lager war Österreich« 243
- 8. 1950 – 1959: »Von allen meinen Kritikern bin ich der unerbittlichste« 293
- 9. 1959 – 1974: »… und so muss ein Stückchen Torso für ein Stückchen Ganzes gelten« 335
- 10. Schluss 373
- Literaturverzeichnis 385
- Anhang 415
- Bibliographie Ernst Lothar 415
- Selbstständige Publikationen 415
- Unselbstständige Publikationen 421
- Inszenierungen 464
- Zeittafel 467
- Personenregister 473
- Werkregister 478