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in der Arbeit der Fulbright Commission zu erfassen. Es lohnt sich, die assoziati-
ven und impliziten Annahmen von Social Sciences deutlicher herauszuarbeiten.
Dabei sind die verschiedenen Verläufe sowie die Konnotationen zu analysieren,
die die semantische Bedeutung dieses Begriffs in der Arbeit bzw. den Diskussionen
der Kommission genommen hat. Daraus können wir sehen, wie die Kommission
sich an das Denken nach amerikanischen Begriffen und Kategorien gewöhnte und
wie sich eine bestimmte Vorstellung von Sozialwissenschaften bzw. von Amerika-
kunde (oder Amerikanistik) etablierte.
Dass sich die inhaltliche Vorgabe auf Social Sciences und American Studies
aus der Logik der amerikanischen Stellen nur auf die US-amerikanischen Visi-
ting Lecturers und Research Scholars beziehen konnte, haben wir bereits festge-
stellt. Die Kommission schloss sich dieser Sichtweise nicht sofort an. Während der
ersten drei Proposals versuchte sie noch, die inhaltlichen Vorgaben gerecht auf
amerikanische und österreichische „Grantees“ aufzuteilen, also den geforderten
Schwerpunkt auch österreichischen WissenschaftlerInnen vorzuschreiben.13 Erst
ab 1955/56 waren die „foreign grants“ allesamt „unspecified“: Es gab kein Kon-
tingent für österreichische WissenschaftlerInnen mit Schwerpunktsetzung mehr.
Das formalistische Beharren auf einer Gleichwertigkeit der Austauschbeziehungen
wich der Einsicht: In Österreich gab es nun einmal kein sozialwissenschaftliches
Personal. Die Rolle der Social Sciences und der American Studies innerhalb des
Fulbright Program war nun (an)erkannt: Damit sollte ein Wissenstransfer aus den
USA an österreichische Hochschulen stattfinden, ein neuer Wissenschaftsbereich
etabliert werden.
In den Projektdefinitionen der Proposals drückten sich verschiedene Werthal-
tungen, Erwartungen und Erfahrungen vor dem Hintergrund der österreichischen
Wissenschaftskonstellationen aus. Dabei werden besonders im Vergleich von frü-
heren mit späteren Projektbeschreibungen die Lern- und Anerkennungsprozesse
deutlich. Beispielsweise gab es im ersten (und auch im beinahe wortidenten zwei-
ten) Proposal ein Projekt zu Political Science.
„The position of Vienna places an American expert in a key position for
observing developments in Central, Eastern and South Eastern Europe,
particularly with respect to the political and constitutional history of the
Danube Basin and Austria’s role within the Austro-Hungarian Empire, due
in large part to the remarkable archives available in Vienna. In addition, it
should be mentioned that, in its school of thought in the field of Interna-
tional Law, the University of Vienna in this country has many experts of
great eminence, who would not fail to be a source of interest for American
scholars.“14
Drei Jahre später wurde ein Projekt unter demselben Projekttitel folgendermaßen
beschrieben:
„Political Science, as taught in the United States, is practically unknown
in Austria, since its nearest equivalent, Staatswissenschaften, which is part
Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Die Frühgeschichte des Fulbright Program in Österreich
- Untertitel
- Transatlantische „Fühlungnahme auf dem Gebiete der Erziehung“
- Autor
- Thomas König
- Verlag
- StudienVerlag
- Ort
- Innsbruck
- Datum
- 2012
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-7065-5088-8
- Abmessungen
- 15.8 x 23.9 cm
- Seiten
- 190
- Kategorien
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Inhaltsverzeichnis
- Geleitwort 7
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 13
- 2. Die Institutionalisierung des Fulbright Program in Österreich 23
- 3. Politische Gestaltungsmöglichkeiten 42
- 4. Wissenschaftliche Gäste zwischen Repräsentation und Wissenstransfer 56
- 5. Auswahl, Platzierung und Verwendung der wissenschaftlichen Gäste 73
- 6. Beschränkte Wirkung: Social Sciences und American Studies 97
- 7. Schluss 117