Seite - 32 - in Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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au#ragt, die buddhistische Kultur zu verbreiten, weshalb sie neben den
Pflichtritualen täglich auch kurze Texte über Lebensphilosophie, Sutras
und Lebensläufe von Buddhas sowie Bodhisattwas auf ihrem WeChat-Ka-
nal postet. Die Benachrichtigungen sind meistens mit Bildern unterlegt
und sehr professionell und attraktiv gestaltet, sodass man zum Weiterlei-
ten motiviert wird.
Anders sah es bei Tempeln aus, die sich wie der Xupu-Tempel auf dem
Land befinden und mit nahegelegenen Heiligtümern konkurrieren. Ihre
Anhängerscha# speist sich vor allem aus den in der Nähe lebenden Dorf-
bewohner:innen und einigen mit ihnen befreundeten Stadtbewohner:in-
nen, von denen sich aber viele auch an einem weiteren Tempel in der
Stadt orientieren. Der Xupu-Tempel, der der Amitabha-Tradition zuzu-
rechnen ist, kann es sich normalerweise nicht leisten, sein o"zielles Konto
auf WeChat täglich auf den neuesten Stand zu bringen. Während der Pan-
demie geriet er außerdem, wie zahlreiche religiöse Stätten in China, in
eine finanzielle Notlage.
Unter diesen Umständen wurde es für den Tempel zur Hauptaufgabe,
seine Verbindung mit den Anhänger:innen zu erhalten, sodass sich diese
nicht an andere Heiligtümer wandten. Deshalb wurde Live-Streaming als
eine mediale Form mit breiter Reichweite verwendet. Bedauerlicherweise
war das Ergebnis dieser Bemühungen eher gering: Die meisten Anhän-
ger:innen sind älter und verwenden keine sozialen Medien oder konnten
den Zugang zu den Live-Streamings nicht finden. Hinzu kommt, dass reli-
giöse Live-Streamings auf TikTok stark eingeschränkt sind und keine zu-
sätzliche Werbung erhalten. All dies bedingte, dass nur eine geringe Teil-
nehmer:innenzahl Zugang zum digitalen Angebot hatte.
Die Funktion von Ritualen in der Pandemie
Durch Rituale werden Gemeinscha#sgefühl und Verbundenheit gefördert
und Gefühle der Unruhe und Furcht vor der Seuche und dem Tod verar-
beitet. Der Xupu-Tempel erfüllt in dieser Hinsicht seine Pflicht, während
das Jadebuddha-Heiligtum darüber hinaus das Versprechen des Mahāyāna-
Buddhismus einhält, Mitgefühl unparteiisch auf alle Lebewesen auszudeh-
nen und ihnen zu einer Befreiung aus dem Leiden zu verhelfen. Nach dem
Ausbruch der Epidemie in Wuhan sammelten der Jadebuddha-Tempel,
wie auch andere einflussreiche religiöse Stätten in China, unverzüglich
Spenden für Wuhan. Anschließend, im Zeitraum vom 16. Februar bis
zum 28. März 2020, wurden Lesungen von sechs Sutras veranstaltet. Die
ersten vier bezogen sich auf die Beichte, auf die Verteidigung des Staats,
Gemeinscha!en in Isolation
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https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Paradoxien einer Krise
- Titel
- Religion, Medien und die Corona-Pandemie
- Untertitel
- Paradoxien einer Krise
- Autor
- Daria Pezzoli-Olgiati
- Herausgeber
- Anna-Katharina Höpflinger
- Verlag
- Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
- Datum
- 2021
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-2221-6
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 134
- Kategorien
- Coronavirus
- Medien
Inhaltsverzeichnis
- Einführung 7
- Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
- Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
- «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
- Gemeinscha!en in Isolation 23
- Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
- Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
- Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
- Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
- Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
- Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
- Unterhaltung in der Pandemie 67
- Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
- Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
- Der Tod als mediale Inszenierung 85
- Einsamer Abschied vor aller Welt 87
- Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
- Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
- Erlösung durch Kapitalismus 103
- Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
- Ausblicke ins Ungewisse 119
- Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
- Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
- Abbildungsverzeichnis 133