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Religion, Medien und die Corona-Pandemie - Paradoxien einer Krise
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«Schöpfung» ist eine weitere absolute Metapher, die in den abrahamiti- schen Religionen die kreativen Handlungen Gottes bezeichnet. Demnach gehen die Entstehung des Kosmos, der Erde und schließlich des Menschen auf die aktive willentliche Entscheidung eines übergeordneten Wesens zu- rück. Im Buch Genesis liegen zwei Schöpfungsgeschichten vor, die dieses Wort in der jüdisch-christlichen Tradition stark prägen. Dabei können der Schöpfungsvorgang in sieben Tagen und die Erzählung des (verlorenen) paradiesischen Gartens Eden als metaphorologische Verweise betrachtet werden. Eine doppelte narrative Spannung charakterisiert die mythische Sprache der zwei unterschiedlichen Schöpfungsberichte. «Schöpfung» als Metapher wird einerseits als ein vergangener Akt der Weltentstehung verstanden. Andererseits wird «Schöpfung» als fortlaufender Prozess der Stabilisierung und der zukün#igen Entfaltung gedeutet. Der vergangene Akt der perfek- ten Erscha!ung wird somit zur prophetischen Vision einer neuen, erlösten und befriedeten Welt. Gleichzeitig beschreibt «Schöpfung» eine Beziehung zwischen der schöpferischen Handlung Gottes und dem Menschen. Auf der einen Seite ist der Mensch selbst ein Produkt der göttlichen Tätigkeit, auf der anderen Seite wird er zum Gestalter der ihm vorgegebenen erschaf- fenen Welt. Meyers Artikel reiht sich in der Rezeption dieser metaphorischen Krea- tionen ein. Er setzt «Schöpfung» zwar mit ökonomisch-globalisierten Märkten in Verbindung, um ihren Charakter als vorliegende Entitäten dar- zustellen, an denen wir lediglich konsumierend partizipieren können. Ge- rade durch die Wahl dieser Metapher jedoch betont er die Möglichkeit der Überwindung konsumistischer Mechanismen und hebt die aktive Rolle des Menschen in der Gestaltung der Zukun# hervor. Die Idee einer besse- ren Welt nach der Pandemie wird im Lichte endzeitlicher Umwälzungen als systemerlösende Möglichkeit präsentiert. In eine umgekehrte Richtung bewegt sich die Metapher der «Unbe- haustheit des Menschen». Damit bezeichnet der Autor ein existenzielles und ganzheitliches Bedürfnis nach Sicherheit und Geborgenheit, das zum Motor der Kultur wird. Meyer schreibt: Ja, Behaustsein ist die Sehnsucht, die mit dem Verlassen des Mutterlei- bes jede menschliche Existenz begleitet. Auch in dieser Metapher schwingen Anspielungen auf neoliberale Gesell- scha#skonstellationen mit und, ähnlich wie bei «Schöpfung», die Situation des Menschen im Verhältnis zur Welt, jedoch mit einer anderen Konnota- tion. «Unbehaustheit» umreißt den Menschen als hausbauendes, kultur- scha!endes Wesen, das sich seine Lebenswelt aneignet. Ausblicke ins Ungewisse 130 https://doi.org/10.5771/9783748922216, am 10.02.2021, 12:13:48 Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Religion, Medien und die Corona-Pandemie Paradoxien einer Krise
Titel
Religion, Medien und die Corona-Pandemie
Untertitel
Paradoxien einer Krise
Autor
Daria Pezzoli-Olgiati
Herausgeber
Anna-Katharina Höpflinger
Verlag
Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG
Datum
2021
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC-ND 4.0
ISBN
978-3-7489-2221-6
Abmessungen
15.3 x 22.7 cm
Seiten
134
Kategorien
Coronavirus
Medien

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung 7
  2. Fahren auf Sicht im Nebel des notwendig Undeutlichen 11
  3. Wenn jetzt alles anders ist, wie ist es denn immer gewesen? 13
  4. «Wir sitzen zu Hause und draußen geht die Welt unter» 17
  5. Gemeinscha!en in Isolation 23
  6. Leere Tempel, volle Livestreams in China 27
  7. Digitale Au!ührungen des Ausnahmezustands 35
  8. Ambivalente Deutungen des Virus in Facebook-Communities 41
  9. Krise und Solidarität im öffentlichen Raum 49
  10. Solidarität zwischen Kirche und Suppenküche 51
  11. Leid und Hoffnung einer Nation im Grati 59
  12. Unterhaltung in der Pandemie 67
  13. Lieder zwischen Krisenbewältigung und Entertainment 69
  14. Witz und Religionskritik in Internet-Memes 77
  15. Der Tod als mediale Inszenierung 85
  16. Einsamer Abschied vor aller Welt 87
  17. Das Virus ist unsichtbar, der Tod ganz konkret 93
  18. Wirklichkeitsdeutung zwischen Fakten und Fake News 101
  19. Erlösung durch Kapitalismus 103
  20. Die Verschwörung(en) hinter der Pandemie 111
  21. Ausblicke ins Ungewisse 119
  22. Die Pandemie als Ritual – ein Gedankenspiel 121
  23. Prophetische Metaphern der postpandemischen Zeit 127
  24. Abbildungsverzeichnis 133
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